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Winzerin Pia Strehn: "Die besten Ideen habe ich im Weingarten"

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Winzerin Pia Strehn

Winzerin Pia Strehn

©Elke Mayr
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"Wenn du für etwas brennst, entwickelst du übernatürliche Kräfte", ist Pia Strehn überzeugt. Die Winzerin lebt für den Wein und ganz besonders für den Rosé.

Bevor du diesen Artikel liest, empfehlen wir Dir den Song "Nothing's gonna hurt you Baby" von "Cigarettes after Sex" aufzudrehen, denn dieses Lied verbindet die Winzerin Pia Strehn mit einem entspannten Abend und einem Glas ihres Lieblingsrosés - "Das ist einfach smooth", verrät sie uns.

Pia Strehn wird gerne als "Miss Rosé" oder "Rosé Queen" bezeichnet - denn die Winzerin hat den Rosé perfektioniert.

WOMAN

Roséweine waren außerhalb Frankreichs lange Zeit nicht sehr populär. Wie sind Sie die Herausforderung angegangen, Rosé in Österreich - und auch international - als hochwertigen Wein zu etablieren?

Pia Strehn

Das stimmt. Anfangs war es eine Challenge, ich hab zwar guten Rosé gemacht, aber ich konnte ihn schwer verkaufen. Es hat mich viel Einsatz und Durchhaltevermögen gekostet, ich habe jedem davon vorgeschwärmt und die Argumente für Rosé aus Österreich präsentiert. Ich wollte, dass die Menschen das Gleiche verspüren wie ich, als ich damals mit 17 während eines Sprachkurses auf den Klippen von Nizza das erste Mal Rosé getrunken hab. Das Lebensgefühl und die Schönheit, die Rosé ausstrahlt, sind unique. Das nahm ich als Grundlage für meine Roséweine aus österreichischen Rebsorten mit unserer Herkunft.

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Der Rosé steht für Pia Strehn im Vordergrund

© Elke Mayr

Vom Gesundheitsmanagement zum Weinbau

Pia Strehn wuchs in einer Weinbau-Familie auf, doch zunächst wollte sie einen anderen Weg einschlagen. "Nach der Matura wollte ich in eine Branche, die nichts mit Wein zu tun hat, bin auf Irrwegen im Studium Gesundheitsmanagement und anschließend in der Sozialversicherung gelandet. Da hab ich plötzlich angefangen, etwas zu vermissen. Etwas, von dem ich gar nicht bewusst ahnte, dass es überhaupt existierte: die Leidenschaft zum Weinbau", erinnert sie sich.

Es war diese Erkenntnis, die alles veränderte. "Ich hab sofort gekündigt, hab ein Masterstudium für Weinmarketing begonnen, den Facharbeiter für Weinbau, die Weinakademie, einen 20-Stunden-Job bei Wein & Co und die restliche Zeit am Weingut daheim – alles auf einmal, Vollgas."

Pia Strehn sprüht vor Begeisterung, wenn sie erzählt, wie sie ihren Weg gefunden hat: "Ich frag mich jetzt immer wieder, wie ich das damals geschafft habe. Aber wenn du für etwas brennst, entwickelst du übernatürliche Kräfte."

Hier spricht eine Frau, die ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht hat. "Ich habe gespürt: Das ist mein Leben, für das ich jede Minute dankbar bin."

Weingut Strehn: Familienbetrieb als Fundament

Das Weingut Strehn in Deutschkreuz im Burgenland ist ein echter Familienbetrieb. Pias Brüder sind als Kellermeister für die Vinifizierung verantwortlich. "Meine zwei Brüder sind top ausgebildete Kellermeister mit sehr viel Gefühl. Wein ist ein sensibles und spannendes Thema, jede Traube von jedem Weingarten hat eine eigene Entwicklung. Es liegt an uns, das Potential der jeweiligen Weingärten zu erkennen und den Wein zum perfekten Zeitpunkt zu ernten, die richtigen Fässer auszusuchen."

Die Arbeit im Familienbetrieb war nicht immer leicht, gibt Pia zu. "Die Challenge für Mitarbeiter, die in Familienbetriebe kommen, ist die Kommunikation. Am Anfang taten wir uns schwer, konkrete Arbeitsschritte zu definieren, weil man familienintern oft ohne Worte kommuniziert und viele Dinge als selbstverständlich nimmt", erläutert die Winzerin mit einem Augenzwinkern.

Doch mit der Zeit hat sich eine gut funktionierende Struktur entwickelt. Heute bewirtschaften Strehn und ihr Team 53 Hektar und verarbeiten die Ernte zu Rosé.

Ein Prinzip, dass Pia Strehn beruflich wie auch privat verfolgt: "Konsequenz und der ständige Antrieb, besser zu werden."

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"Rosé ist eben mordsmäßig elefantös" - kein Wunder, dass ein Wein den Namen "Elefant im Porzellanladen" trägt.

© Elke Mayr
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Was macht einen exzellenten Rosé aus?

Pia Strehn

Zuerst einmal möchte ich festhalten, dass Rosé in Österreich immer aus Rotweintrauben hergestellt wird, lediglich die Verarbeitung ist wie Weißwein. Das Fruchtfleisch der roten Trauben ist transparent. Wenn man die Trauben gleich auspresst, erhält man einen hellrosa Saft, der dann zu Roséwein vergoren wird. Bei der Rotweinherstellung werden die Trauben angequetscht und mit der Schale vergoren, so gewinnen sie an Farbstoffen und Gerbstoffen. Ein guter Rosé ist eigenständig im Charakter, hat einen gut strukturierten Körper, gut eingebundene Säure und langen Abgang. Für mich sollte guter Rosé auch mindestens bis drei Jahre lagerfähig sein und Speisen wie helles Fleisch, levantinische Küche und Meeresfrüchte begleiten können.

WOMAN

Und aus welchem Glas trinkt man Rosé?

Pia Strehn

Das Glas sollte nicht zu klein sein, damit er seine ganzen Aromen entfalten kann. Kann vom Universalglas bis zum Rotweinglas gehen.

Die besten Ideen hab ich im Weingarten selbst, beim Laufen oder Autofahren

Pia StrehnWinzerin

Kreativität im Weingut

Um kreativ zu bleiben, reist Pia gerne, geht gut essen oder besucht Ausstellungen. Auch Diskussionen mit ihrem Partner fördern den kreativen Austausch. "Ich bin schon immer sehr kunstaffin gewesen. Fürs Team bringe ich regelmäßig internationale Weine zum Probieren, um den Horizont zu erweitern und neue Stile kennenzulernen!" Die besten Ideen hat sie "im Weingarten selbst, beim Laufen oder Autofahren".

Führungsstil & starke Frauen

Im Weingut ist Strehn eine moderne und situative Führungskraft, geprägt von ständigen Herausforderungen und der Notwendigkeit, schnelle Entscheidungen zu treffen. "Unser Betrieb ist sehr vielseitig. Es beginnt bei der Außenwirtschaft, Kellerarbeit, Administration, Logistik, Vertrieb bis hin zu Marketing und Ab-Hof-Kundenbetreuung.“

Dabei hat sie viel von ihrer Mutter gelernt, die den Betrieb vor ihr geführt hat. "Meine Mama hat den Betrieb vor mir alleine geführt und den Grundstein für alles gelegt! Sie hat mir beigebracht, auf alles gut aufzupassen und immer genau zu fragen, was was kostet, bevor man was in Auftrag gibt." Doch auch andere Frauen haben Pia inspiriert. "Raffaela Bologna und Anne-Claude LeFlaive, von ihnen hat mir mein Papa schon früher erzählt."

Ich würde meinen Führungsstil als situativ beschreiben

Pia StrehnWinzerin
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© Elke Mayr
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Abgesehen von Ihren eigenen Kreationen, haben Sie persönliche Lieblingsweine- oder regionen, die Sie besonders schätzen oder die Sie inspiriert haben?

Pia Strehn

Ja, einige. Ich bin sehr neugierig, ich gehe seit vielen Jahren sehr oft gut essen und frage die Sommeliers immer nach den besten Rosés, die sie jemals getrunken haben. Diese Weine bestelle ich und recherchiere ihren Hintergrund. Ein Wein, der mir zum ersten Mal eine neue Richtung von Rosé offenbarte, war der Cuvée Caroline von Clos Cibonne. Ein Rosé, der im Holzfass vergoren war und einen komplexen Stil verkörperte. Bin über den Wein gestolpert, als ich für ein Rosé-Referat fürs Studium etwas Außergewöhnliches suchte. Weiters Domaine Tempier und Lopez Heredia Tondonia …

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Ist die Weinherstellung ein Handwerk oder eine Kunst?

Pia Strehn

Das Handwerk ist die Basis, hinter eine Flasche Wein stecken mindestens eineinhalb Jahre harte körperliche und taktische Arbeit. Alles über sehr gute Basis hinaus ist für mich Kunst, Philosophie, Liebe zum Detail und Selbstverwirklichung. Wein ist die Interpretation einer Herkunft, die man zu einem Genussprodukt verwandelt.

Zukunftsaussichten

Angesprochen auf die Zukunft der Arbeit in der Weinbranche, sagt Strehn: "Der Klimawandel und der Arbeitskräftemangel stellen die Weinbranche vor große Herausforderungen. Wir müssen uns auch um die Stärkung der Herkunft und Marke kümmern, um in einem stark umkämpften Markt überleben zu können."

Entweder oder - oder doch beides?

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