Träumst du auch häufig von deinen Ex-PartnerInnen? Und bist du danach aufgewühlt? Wir haben mit einer Psychotherapeutin darüber gesprochen, was wir von unseren Träumen lernen können.
Singles und Vergebene trifft es gleichermaßen – Träume von Ex-PartnerInnen. Das können natürlich schöne Träume sein, in denen man sich an jene Zeit erinnert, die gut war. Aber auch Albträume, die traumatische Momente wieder aufleben lassen. In beiden Fällen lässt es einen aber nicht kalt, von Verflossenen zu träumen. Sei es, weil man eigentlich schon längst mit der Situation abgeschlossen hat oder, weil man Schuldgefühle gegenüber dem neuen Schatz hat ...
Was, aber, wenn die Ex-Träume sich wiederholen und man Nacht für Nacht gerädert und verwirrt aufwacht? Und warum beschäftigen uns genau diese Träume noch lange, nach dem wir sie gehabt haben? Wir haben der Psychotherapeutin Magdalena Ségur-Cabanac diese Fragen gestellt und einen Einblick in die Welt der Träume bekommen. Denn: So kommuniziert das Unterbewusste mit uns!
Interview mit Magdalena Ségur-Cabanac
Was kann man von Träumen lernen?
Man kann sehr viel aus Träumen lernen. In meiner Therapierichtung der Gestalttherapie betrachten wir alle, was in Träumen vorkommt, als Teil von uns selbst. Träume enthalten wichtige Botschaften, die ins Bewusstsein gelangen wollen. Wichtig ist, dass ich mich jederzeit meinen Träumen zuwenden und so mehr über mich selbst lernen kann. Aber: Es ist kein Zwang! Niemand kann mich zwingen, mich mit meinen Träumen auseinanderzusetzen. Es sollte eine selbstbestimmte Entscheidung sein, weil ich mich selbst besser kennen lernen möchte. Wenn ich Angst vor der potentiellen Botschaft habe, kann ich mir auch professionelle Unterstützung suchen.
Manche Träume kommen aber immer wieder ...
Ja, Träume können beharrlich sein! Dann ist es schon hilfreich, wenn man einmal hinschaut. Denn es kann sein, dass unbewusste Anteile mir etwas sagen wollen, das ich nicht hören möchte oder mir etwas aufzeigen, wo ich nicht hinschauen möchte. Das kann auf die aktuelle Lebenssituation hinweisen, die mich quält, oder auf etwas, das ich noch nicht verarbeitet habe. Oder aber es zeigen sich unerfüllte Sehnsüchte!.
Und wie ist das mit Albträumen? Bin ich da auch ein Teil meines eigenen Traumes?
Ja, mein Selbst zeigt sich im Albtraum mit seinen Ängsten und Gefühlen. Wenn alles im Traum Anteile meines Selbst sind, bin ich somit auch das Monster, das mir Angst macht. Das Monster könnte zum Beispiel für die eigenen unterdrückten aggressiven Impulse stehen. Meistens kommt allerdings nicht so plakativ ein Monster im Albtraum vor, sondern eher Situationen in denen ich mich verlassen fühle oder mich stark für andere verantwortlich fühle, jemanden wichtigen nicht retten kann. Dies kann Hinweise geben auf ein inneres Ungleichgewicht.
Das ist gar nicht so leicht zu glauben! Wie kann ich denn einen Traum entziffern, ohne Anleitung einer Expertin oder eines Experten?
Wer sich mit seinen Träumen auseinandersetzen möchte, kann sich selbst einen Brief schreiben oder ein Traum-Tagebuch führen. Und wenn mich die Sache mit dem Monster beschäftigt, ist es vielleicht hilfreich, mit einer Freundin oder einem Freund darüber zu sprechen und zu fragen, welche Resonanz sie oder er zu dem Traum hat. Dabei sollte man immer daran denken, dass man selbst in der Hand hat, was man vom Feedback nimmt. Denn die Rückmeldung der anderen Person ist gefärbt von der eigenen Meinung und Sicht auf die Welt.
Viele Menschen träumen immer wieder von ihrem Ex-Partner, von der Ex-Partnerin. Egal, ob die Beziehung Tage oder Monate zurückliegt oder man gar in einer neuen, glücklichen Beziehung ist. Bedeutet ein "Ex-Traum" zwangsläufig, dass ich über die Person noch nicht hinweg bin?
Jein! Ein Traum von dem oder der Ex bedeutet nicht zwangsläufig, dass ich nicht über ihn oder sie hinweg bin. Er gibt viel mehr einen Hinweis darauf, dass etwas in mir mit der gemeinsam gemachten Erfahrung in Resonanz ist. Wenn das zum Beispiel schöne Erfahrungen sind, sehne ich mich vielleicht wieder danach. Im Traum kann sich zeigen, wie sich der neue Partner, die neue Partnerin vom Ex unterscheidet. Und diese unterschiedlichen Aspekte kann ich auch vermissen. Zum Beispiel in der Sexualität, wenn es etwa mit dem Ex aufregender war, als es mit dem neuen Partner oder der neuen Partnerin ist. Der Traum zeigt mir dann vielleicht auf, dass ich diese Aufregung, Leidenschaft vermisse und lädt mich ein, diese Qualitäten mehr in mein Leben zu integrieren. Wichtig ist, dass die geträumten Sehnsüchte nicht zwangsläufig an der Person festzumachen sind, von der ich träume.
Wie kann ich schöne Träume vom Ex noch betrachten?
Zum Beispiel als verinnerlichte Ressourcen von Wärme und Geborgenheit. Gute Erinnerungen an schöne Momente. Wie gesagt: Das muss nicht bedeuten, dass ich mir die Person von damals zurückwünsche. Es kann aber darauf hindeuten, dass mir zurzeit etwas fehlt, das ich damals erlebt habe.
Und schlechte Träume?
Das könnte ein Hinweis auf Erfahrungen sein, die man noch nicht verarbeitet hat und die einen aktuell im Leben und in der eigenen Kraft blockieren. Manchmal steht der oder die Ex in Albträumen auch stellvertretend für andere frühere Erfahrungen mit Männern oder Frauen. Oder für eine Zeitspanne im Leben, wo man sich benutzt gefühlt hat, sich objektifiziert gefühlt hat oder sich selbst zu wenig Respekt entgegen gebracht hat..
Ich bin gerade in einer glücklichen Beziehung und träume etwas Schönes mit meinem Ex? Muss ich ein schlechtes Gewissen haben und das meinen aktuellen Partner erzählen?
Auf keinen Fall muss man Schuldgefühle haben! Schuld-und Schamgefühle verstellen nämlich den Weg zur inneren Weisheit. Träume vom Ex – egal, welcher Natur sie sind, sind ganz normal und völlig in Ordnung. Denn es stecken immer wertvolle Informationen dahinter, die etwas über mich selbst aussagen.
Und natürlich kann ich meinem/meiner aktuellen Partner/Partnerin von den Träumen erzählen, aber wieder: Ich muss nicht! Wenn ich den Wunsch oder die unerfüllte Sehnsucht aus meinem Traum erkenne, dann kann ich das in meine Beziehung einbringen. Zum Beispiel bezogen auf mehr Leidenschaft! Ich muss dann auch gar nicht dazu sagen, dass ich das aus einem Traum mit meinem Ex abgeleitet habe.
Kein Zwang von innen oder außen – das scheint sehr wichtig bei der Sache mit den Träumen zu sein!
Ja, das ist wirklich wichtig! Zwang hindert Wachstum und Entwicklung und unterstellt ein Defizit. Niemand kann mich dazu zwingen, mich mit meinen Träumen zu beschäftigen. Genauso wenig kann man auch jemand dazu zwingen, darüber zu sprechen. Ich kann meine Träume als Hinweise und Ressourcen, ja sogar Geschenke meiner unbewussten Anteile sehen.
Ob ich diese Informationen nehmen will, entscheide ich selbst. Abschließend ein gutes Beispiel dafür, wie Träume vom Ex auch nützlich sein können, um Abschied zu nehmen: Ich hatte eine schwangere Klientin, die all ihre Ex-Freunde "durchgeträumt" hat – einen nach dem anderen. Mit einigen davon hatte sie im Traum noch einmal Sex, doch danach erklärte sie jedem, dass es nun endgültig vorbei sei, da sie nun fix mit ihrem Partner zusammen sei und ein Kind erwarte. Nach dieser intensiven Traumphase fühlte sie sich bereit für die Zukunft.