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Obsorge: Was gemeinsame Verantwortung für ein Kind bedeutet

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Obsorge: Was gemeinsame Verantwortung für ein Kind bedeutet

©Elke Mayr
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In der erbittertsten Streitigkeiten vor Gericht geht es oft gar nicht wirklich um die Obsorge, sondern darum, wer die gemeinsamen Kinder wie oft sehen kann. Was genau versteht man aber unter Obsorge? Wann hat man die alleinige Obsorge inne und wann ist es besser, dass sie geteilt wird?

Teilweise wird angenommen, dass die Obsorge bzw. die Beteiligung an der Obsorge auch dafür entscheidend ist, ob oder wie oft Eltern ihre Kinder zum Beispiel nach einer Trennung sehen dürfen. Das ist aber nicht richtig.

Das sogenannte Kontaktrecht, früher auch Besuchsrecht genannt, ist von der Obsorge getrennt zu betrachten. Wenn alles gut läuft und sich Eltern über die wesentlichen Dinge im Leben ihrer Kinder austauschen können, sind Fragen wie (gemeinsame) Obsorge im Alltag meist gar nicht spürbar.

Können sich Eltern nicht einvernehmlich einigen, kann es aber sogar sein, dass man mit einem "Sorgerechtsstreit" vor Gericht landet. Solche Verfahren sind oft eine enorme Belastung und Betroffene berichten, dass die Sorge um das Kind teilweise der letzte Gedanke ist vor dem Einschlafen und der erste beim Aufwachen.

Hier erklärt das Anwalt-Duo von Law and Beyond in einem Video genauer, wie sich die beiden Begriffe von einander unterscheiden: Was sind eigentlich Obsorge und Kontaktrecht?

Was aber meint der Begriff Obsorge eigentlich?

Vereinfacht ausgedrückt, meint der Begriff Obsorge die elterlichen Pflichten gegenüber den Kindern. Sie umfasst einerseits die Pflege und Erziehung des Kindes, aber auch die gesetzliche Vertretung und die Vermögensverwaltung.

Sind die Eltern verheiratet, kommt die Obsorge automatisch beiden Elternteilen zu. Ist die Mutter zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes ledig, ist sie grundsätzlich allein obsorgeberechtigt. Die Eltern können aber einvernehmlich die gemeinsame Obsorge am Standesamt oder auch am Gericht festlegen.

Alleinige Obsorge

Wenn nur ein Elternteil, bei unverheirateten Eltern die Mutter, obsorgeberechtigt ist, hat der andere, Elternteil dennoch bestimmte Rechte. Unabhängig von der Obsorge, sollen verlässliche und regelmäßige Kontakte zum Kind stattfinden können. In den meisten Fällen ist auch für das Kind ein guter Kontakt zu beiden Eltern wichtig.

Der Elternteil, der die alleinige Obsorge hat, muss den anderen über wichtige Angelegenheiten im Leben des Kindes informieren und ihm die Möglichkeit zur Äußerung geben. Entscheidungen können aber trotzdem vom allein obsorgeberechtigten Elternteil getroffen werden, auch gegen den Willen des anderen.

Gemeinsame oder geteilte Obsorge

Gibt es keine Einigung zwischen unverheirateten Eltern, kann der Vater beim zuständigen Bezirksgericht einen Antrag auf (gemeinsame) Obsorge stellen. Seit 2013 wird die gemeinsame Obsorge forciert und das Gericht kann den Vater auch gegen den Willen der Mutter an der Obsorge beteiligen.

Zudem sind Eltern vor einer einvernehmlichen Scheidung dazu verpflichtet eine Elternberatung in Anspruch zu nehmen, wo überwiegend über die Scheidungsfolgenvereinbarungen gesprochen werden und somit auch darüber, wie der persönliche Kontakt des Kindes zum nicht hauptsächlich betreuenden Elternteil festgelegt wird.

Wenn es allerdings gänzlich an der Kommunikation zwischen den Eltern fehlt und beispielsweise ein Informationsaustausch unmöglich ist, kann das gegen eine geteilte Obsorge sprechen. Dabei wird auch eine gewisse Zukunftsprognose vorgenommen.

Zum Beispiel kann es sein, dass Eltern gerade nach einer Trennung nicht gut miteinander kommunizieren können, aber zu erwarten ist, dass sich nach einer Entspannung der Situation auch die Gesprächsbasis wieder verbessert. Faktoren wie beispielsweise Gewalt in der Familie, werden von Gerichten bei Entscheidungen über die Obsorge berücksichtigt.

Generell orientiert sich das Gericht bei Entscheidungen über die Obsorge stets daran, was für das Kind am besten wäre. Übrigens können Jugendliche ab 14 Jahren selbstständig einen Antrag bei Gericht im Bereich Pflege und Erziehung und auch des Kontaktrechts stellen.

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 © iStock

Manchmal wird befürchtet, bei gemeinsamer Obsorge allein gar nicht mehr handlungsfähig zu sein oder im Alltag mit den Kindern stark eingeschränkt zu sein. Es gibt bei gemeinsamer Obsorge zwar das Einvernehmlichkeitsgebot, das bedeutet, dass sich die Eltern bei wichtigen Angelegenheiten im Leben der Kinder grundsätzlich absprechen sollten.

Dennoch kann aber jeder Elternteil das Kind nach außen allein vertreten. Möchte man beispielsweise das Kind in einer Schule anmelden oder möchte man mit dem Kind zum Arzt, zur Ärztin gehen, muss man dort auch bei gemeinsamer Obsorge nicht die Zustimmung des anderen Elternteils nachweisen.

Jeder Elternteil ist somit nach außen voll vertretungsbefugt. Nur besonders wichtige Themen – wie beispielsweise Namensänderung, Wechsel des Religionsbekenntnisses oder der Staatsangehörigkeit bedürfen der Zustimmung beider Elternteile.

Bei Patchworkfamilien kann ein neuer Ehepartner den obsorgeberechtigten Elternteil in Angelegenheiten des täglichen Lebens vertreten, wenn es um die Kinder geht, die in die Ehe mitgebracht wurden. Zum Beispiel könnte, wenn der Elternteil verhindert ist, eine Entschuldigung für die Schule geschrieben werden.

Wie sieht es nach einer Scheidung oder Trennung aus?

Waren Eltern schon vor der Trennung gemeinsam obsorgeberechtigt, weil sie dies entweder so festgelegt haben oder sie verheiratet waren, soll die Obsorge beider Elternteile soll auch nach Auflösung der Ehe oder der häuslichen Gemeinschaft grundsätzlich weiterbestehen.

Allerdings müssen die Eltern dann ein sogenanntes "Heim erster Ordnung" festlegen. Die Eltern müssen daher ab dem Zeitpunkt ihrer (räumlichen) Trennung festlegen, in welchem Haushalt das Kind in Zukunft hauptsächlich betreut werden soll. In den meisten Fällen, wird auch bei gemeinsamer Obsorge der Hauptaufenthalt der Kinder bei der Mutter festgelegt.

Fazit: Was zusammengefasst zum Thema Obsorge gesagt werden kann

Im Sinne einer Elternschaft auf Augenhöhe kann es von Vorteil sein, wenn beide Eltern an der Verantwortung für ein Kind beteiligt sind. Auch wenn die Obsorge und die Beteiligung daran im Alltag vielleicht nicht oft spürbar sind, ist es stimmungsmäßig ein Unterschied, ob man obsorgeberechtigt ist oder nicht. Gemeinsame elterliche Verantwortung klingt also in einem ersten Schritt gut.

Rechte und Pflichten gehen allerdings Hand in Hand und eine Beteiligung an der Obsorge sollte auch in einer Übernahme von tatsächlicher Verantwortung sowie Betreuungs- und Sorgeleistung resultieren. Wenn die Kommunikationsbasis schwerwiegend und nachhaltig zerstört ist und ein Elternteil den anderen aus Prinzip torpediert, wo es nur geht, kann die gemeinsame Obsorge zum Problem werden und auf Kosten der Kinder und Mütter gehen.

Familienrecht

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