Erfolgreiche Frauen und Beziehungen: die Kunst der Balance zwischen Unabhängigkeit und Nähe

Ja, es ist wirklich nicht leicht in allen Lebensbereichen zu glänzen, insbesondere wenn noch Kinder Teil des Familienlebens sind. Leider sind es häufig Frauen, die in unserer Gesellschaft ihre beruflichen Ambitionen zurückstellen und ihre Karriereentscheidungen hinter den familiären Aufgaben anpassen müssen.

Den Spagat zwischen einer funktionierenden Partnerschaft, dem Streben nach beruflicher Selbstverwirklichung und der Erfüllung von familiären Verpflichtungen zu schaffen, ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Wir stellen euch Female Founder vor, die ihre Tipps und Erkenntnisse mit uns teilen.

Eine Frage, die einem durch den Kopf schießt, wenn man von Karriere spricht: Ist Karriere nur mit Aufopferung möglich? Es ist wichtig zu erkennen, dass Erfolg nicht zwangsläufig mit Überstunden und ständiger Verfügbarkeit einhergeht. Vielmehr geht es darum, deine Stärken zu nutzen, dich persönlich weiterzuentwickeln und deine Ziele zu verfolgen.

Es gibt zahlreiche Beispiele von Menschen, die erfolgreich sind und dennoch ein ausgewogenes Leben führen. Karriere bedeutet auch nicht, dass man seine persönlichen Bedürfnisse und Interessen hintenanstellen muss.

• Berufliche Belastung: Hohe berufliche Anforderungen, wie lange Arbeitszeiten, häufige Geschäftsreisen oder projektbedingter Stress, können die Verfügbarkeit und Aufmerksamkeit für den oder die Partner:in beeinträchtigen.

• Persönliche Opfer: Manchmal erfordert beruflicher Erfolg persönliche Opfer und den Verzicht auf gemeinsame Zeit mit dem/der Partner:in.

• Prioritätensetzung: Schwierigkeiten können entstehen, wenn unterschiedliche Vorstellungen über die Prioritäten im Leben und in der Beziehung bestehen.

• Reiseverpflichtungen: Berufsbedingte Reisen können dazu führen, dass Partner:innen lange Phasen getrennt voneinander verbringen müssen.

Es braucht also eine gute "Work-Love-Balance". Aber wie kann diese aussehen? Wir haben bei zwei inspirierenden Frauen nachgefragt. Ihre Geschichten sollen euch ermutigen und praktische Einblicke geben, wie eine gesunde Balance aussehen kann.

Ewa de Lubomirz, arbeitete 10 Jahre als Reporterin und Redakteurin bei RTL, Europas größtem Privatsender. Heute ermutigt und empowert sie Frauen auf der Bühne und ist als Coach in ihrer eigenen Speaker School tätig.

Ihre Karriere begann bei RTL, dort kämpfte sie sich hoch. Von der Volontärin bis hin zu ihrem Traumjob - die Redaktion des beliebten Promi-Magazins RTL Exklusiv. Doch nach 10 Jahren reagierte ihr Körper auf den sehr stressigen Job. Von einem Tag auf den anderen Tag veränderte sich alles - sie musste eine Chemotherapie beginnen.

Für ihre Heilung nahm sie sich ein Jahr Zeit. Zur Ruhe fand sie auf ihrer Yoga-Matte, eine dreijährige Yoga-Ausbildung sowie die Gründung ihrer Yoga-Schule folgte. Mit der ersten Schwangerschaft hat sie die Entscheidung getroffen, nicht zu RTL zurückzukehren.

Doch ihre Liebe zur Bühne und zur Kamera waren immer noch da. Seit 2020 ist sie nun selbständig als Coach und Speakerin tätig und hilft anderen Frauen dabei, auf die Bühne ihres Lebens zu kommen. Eine Bühne, auf der sie ihre Unsicherheit ablegen können, gehört und gesehen werden.

Für WOMAN habe ich mit ihr über ihre vielseitigen Erfahrungen und den Übergang zu ihrer aktuellen Rolle gesprochen und wie ihr es gelingt, die Balance zwischen Familie, ihren zwei Kindern, Karriere und Partnerschaft zu finden.

Eine enge Freundin von Ewa ist heute ihre Assistentin, gemeinsam arbeiten sie Seite an Seite. "Ich bin nicht alleine, aber ich war alleine. Und da sage ich dir ganz ehrlich, bin ich tatsächlich wieder sehr an meine Grenzen gekommen. Ich habe gemerkt, jetzt wirst du nicht mehr deinen Kindern gerecht, noch dir Selbst noch deiner Partnerschaft", teilt Ewa mit uns.

Ihre Tipps:

1. Unterstützung (an)nehmen. "Lernen, Verantwortung abzugeben und sich von dem Gedanken zu befreien: Nur ich kann das", erklärt Ewa. Auch bei dem Thema Kindern. Es bieten sich kreative Lösungen an, wie das Zusammentun mit Freundinnen für einen gemeinsamen Babysitter. Ewa erzählt von einer Freundin, die sich eine eine Art Coworking Space mit einer Freundin teilt. Dort finden die beiden Frauen Raum für ihre beruflichen Tätigkeiten, während ihre Kinder gemeinsam spielen. Ewa betont dabei das Glück, Großeltern in unmittelbarer Nähe zu haben. Ohne ihre Unterstützung, könnte sie es nicht machen.

2. Gute Organisation. "Insbesondere wenn du ein Business aufbauen willst, dann musst du in der Lage sein, abzugeben, zu delegieren und dich zu strukturieren. Wenn man nur in den Tag hinein lebt ist man ziemlich Lost", so Ewa.

3. Pausen nehmen und auf den eigenen Körper hören. "Wenn ich mit den Kindern bin, dann bin ich mit den Kindern. Wenn ich arbeite, arbeite ich. Das war am Anfang meine aller größte Challenge, dass ich dann doch heimlich aufs Handy geschaut habe oder doch eine E-Mail beantwortet habe, erklärt Ewa. Ein Prozess, in den sie erst langsam hineinwachsen musste.

Vor ihrer Selbstständigkeit haben Ewa und ihr Mann das klassische Modell gelebt. Er arbeitete 40-50 Stunden die Woche und war von morgens bis abends weg. Das klassische Modell: "Ich sitze zuhause, kümmere mich um die Kinder und mache so ein bisschen mein Ding."

"Ich habe gespürt, ich möchte mein eigenes Geld", erzählt Ewa. Ihr Mann und sie unterstützen sich gegenseitig so gut wie möglich, aber es war erstmal herausfordernd als sie sagte: "Ich will auch wieder wirken und arbeiten. Für das losgehen wofür ich brenne. Eine große Umgewöhnung, die für beide nicht leicht wahr.

"Es ist sehr herausfordernden die Balance zu finden". Sie teilt ihre Einsicht, dass es Arbeit erfordert, sich als Paar nicht zu verlieren, und dass es viele verschiedene Möglichkeiten gibt, Familie zu leben. In vielen Gesprächen und in der Zusammenarbeit mit einem Paarcoach finden sie Wege, sich weiterzuentwickeln und gemeinsam zu wachsen.

Starke Frauen, starke Beziehungen. Rebekka Dober ist Gründerin von YEP, ein Social Startup in Wien, das Jugendliche unterstützt, die etwas verändern wollen.

Junge Menschen, angehörig der Gen Y und Gen Z, werden oft nicht gehört. Viele Entscheidungen, Projekte, Programme werden für sie, aber nicht mit ihnen entwickelt. In Schulen, Vereinen und Unternehmen veranstaltet sie gemeinsam mit ihrem Team partizipative Prozesse, um die Perspektiven von jungen Menschen einzubringen. YEP empowert dabei junge Menschen ihre Stimme einzubringen und ihre Zukunft aktiv mitzugestalten.

Wie sich ihre Beziehung während des Wachstums verändert hat, aber auch wie der Balanceakt zwischen beruflicher Selbstverwirklichung und Beziehung gelingt, verrät sie im WOMAN Interview.

WOMAN: Der ⁠Balanceakt zwischen Selbstverwirklichung und Beziehung. Inwieweit hat dein Partner dich während des Prozesses unterstützt und welche Chancen und Herausforderungen ergaben sich daraus?

Rebekka Dober: Als Gründerin habe ich viel Zeit, Energie und Herz in den Aufbau und die Skalierung meines Unternehmens gelegt. Es bleibt oft wenig Zeit für Schlaf und schon gar nicht Zeit für sich selbst.

Ich habe beides erlebt. In meinen vorigen Beziehungen habe ich diese oft als belastend empfunden. Sie haben Energie abgezogen von meiner Mission und meinem Unternehmen. Das klingt hart - erst später ist mir aufgefallen, dass das vor allem daran lag, dass es wohl eine Beziehung, aber keine Partnerschaft war. Wir Frauen tragen oft die gesamte Beziehungsverantwortung allein - das wird zu viel, besonders wenn wir beruflich ebenfalls viel zu verantworten haben.

Jetzt weiß ich, wie anders es sich anfühlen kann, wenn man einen echten Partner an seiner Seite hat. Man geht gemeinsam durch alle Herausforderungen, man feiert Erfolge zusammen und sitzt spätabends noch und diskutiert bei einem Glas Rotwein über die kniffligen Fragen des Alltags. Man tauscht sich aus. Und das Wichtigste, man kann sich aufeinander verlassen. Was ich gelernt habe: Es muss kein schwieriger Balanceakt sein, sondern kann ein schöner, gemeinsamer Prozess sein - mit dem richtigen Partner.

WOMAN: ⁠⁠Welche Strategien und Regelungen empfiehlst du Frauen, um ihre Partnerschaften zu stärken und gleichzeitig berufliche Ziele zu verfolgen?

Rebekka Dober: Das Wichtigste daran ist die Partnerwahl. Das habe ich lange unterschätzt: Die emotionale Energie, die ein falscher Partner kostet, kostet mehr als man sich leisten kann. Generell - und ganz besonders als erfolgreiche Unternehmerin.

Ganz zu Schweigen von der fehlenden Unterstützung. An Konflikten gemeinsam zu lernen und wachsen ist wichtig, aber unbedingt zu unterscheiden von einer rückschrittlichen Geisteshaltung.

Man kämpft schon im Berufsalltag als starke Frau viel gegen toxische, fragile Männlichkeit und patriarchale Strukturen - da muss man sich zuhause darauf verlassen können, jemanden zu haben, der auf derselben Seite kämpft. Man muss auf eine erfüllende Beziehung nicht verzichten, man muss sich nur den richtigen Partner suchen!

WOMAN: Was hat sich innerhalb deiner Partnerschaft, während des Wachstums deines , verändert?

Rebekka Dober: Verändert hat sich tatsächlich nicht viel. Ja, oft sind die Tage länger und die Wochenenden kürzer geworden, aber die sichere Basis der Partnerschaft ist gleich geblieben. Die Beziehung muss unabhängig davon was im Beruf passiert stabil sein.

Dafür ist es notwendig, dass auf beiden Seiten die Priorisierung ganz klar ist - das schafft die Sicherheit, dass man sich aufeinander verlassen kann. In intensiven Phasen ist die Beziehung der Ort, der uns beide auffängt und wo wir Energie tanken können, dafür nehmen wir uns auch bewusst die Zeit. Auf den gemeinsamen Morgenkaffee verzichten wir nie, egal wie voll der Terminkalender ist.

Auch wenn eine Beziehung viel Aufmerksamkeit und Arbeit erfordert, so können wir aus ihr auch viel Kraft schöpfen. Probleme können gemeinsam besprochen werden, Lösungen werden zusammen gefunden. Nach einem chaotischen Arbeitstag tut es gut, sich vom Partner oder der Partnerin ein bisschen umsorgen zu lassen.

Der Balanceakt zwischen beruflichem Erfolg und einer erfüllten Partnerschaft kann eine positive und gemeinsame Reise sein, vorausgesetzt: die Beziehungsverantwortung darf nicht bei einer Person alleine liegen.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten das Leben als Paar oder als Familie zu gestalten, offene Kommunikation sowie die Bereitschaft zur Veränderung sind von entscheidender Bedeutung.