
Lisa Eldridge beim Launch-Event ihrer Lippenstift-Kollektion „Rouge Experience“.
©Instagram/lisaeldridgemakeupZu ihren Klient:innen gehören die Biggest Player aus Mode und Beauty. Make-up-ikone Lisa Eldridge über Trendgespür, Profi-Geheimnisse und die Zukunft der Branche.
Dass Lisa Eldridge zu den einflussreichsten Make-up-Artists gehört, hängt maßgeblich mit dem von ihr entwickelten „Natural Beauty-Look“ zusammen. Denn ihr Anspruch, das Beste aus den Imperfektionen unserer Haut herauszuholen und jedes Gesicht als individuelle Leinwand zu sehen, ist heute genauso zeitgemäß wie in ihren Anfängen in den 1990er-Jahren. „Ich habe als Visagistin begonnen, als es noch keine Retuschen gab. Daher hatte ich quasi keine andere Wahl, als meine Techniken zu perfektionieren“, erzählt Eldridge, als wir sie im Rahmen einer Launchparty von Lancôme zum Interview in Düsseldorf treffen. Seit zehn Jahren ist sie als globale Kreativdirektorin der Brand unter anderem für die Entwicklung von Produkten und Kampagnenlooks zuständig – so auch für die Mascara-Neuheit „Idôle Flutter Extension“. Darüber hinaus gründete die Britin 2018 ihre eigene gleichnamige Beauty-Brand, 2024 wurde sie für ihre Verdienste um die Kosmetik- und Modeindustrie außerdem mit dem britischen Ritterorden MBE ausgezeichnet. Gemeinsam haben wir ihre Karriere Revue passieren lassen und uns exklusive Tipps für ein makelloses Make-up geholt.
Sie gelten als Erfinderin des No-Make-up-Looks. Wann und warum haben Sie mit dieser Technik begonnen?
Als ich Mitte 20 als Make-up-Artist arbeitete, bekam ich plötzlich starke Akne im Gesicht. Da ich bei Jobs aber weder mit meiner schlechten Haut noch mit einer dicken Schicht Foundation auftauchen wollte, habe ich eine Technik entwickelt, die Unreinheiten ideal kaschiert, aber trotzdem natürlich wirkt. Das hat sich schließlich herumgesprochen, und ich wurde zur Anlaufstelle für Klient:innen, die ebenfalls unter ihrer Haut litten oder grundsätzlich einen natürlichen Look bevorzugten.
Trendsetterin sind Sie nicht nur beim Thema Make-up. Auch auf YouTube waren Sie eine der Ersten, die Schmink-Tutorials veröffentlicht haben. Wie ist es dazu gekommen?
In der Anfangszeit von YouTube war ich für einen redaktionellen Job im Studio. Dort zeigte gerade jemand eines der ersten Make-up-Tutorials auf der Plattform und machte sich über die amateurhaften Techniken lustig. Mir war aber sofort klar, dass das die Branche revolutionieren wird. Als ich kurz darauf selbst begann, Videos zu veröffentlichen, erzählte ich erst mal niemandem etwas davon. Erst drei Jahre später, als ich bereits eine Million Abonnent:innen hatte, fing mein Umfeld an, mich darauf anzusprechen. Meine Neugierde machte mich also zur Trendsetterin.
Können Sie sich noch an Ihr erstes Video erinnern?
Das war im Jahr 2010. Ich erwachte eines Morgens mit einem miesen Kater, weil ich am Vorabend ausgegangen war. Meine Haut sah dementsprechend fahl, müde und geschwollen aus. Das war für mich die perfekte Gelegenheit, um meine liebsten Tricks für einen schnellen, einfachen Look, der sofort frisch und wach aussehen lässt, abzufilmen.
Bei der Verbreitung von Trends scheint YouTube mittlerweile von schnelllebigeren Plattformen wie Instagram und TikTok abgelöst worden zu sein. Verfolgen Sie diese Entwicklung aktiv?
Was Make-up angeht, bin ich heute noch genauso neugierig wie am Beginn meiner Karriere. Daher verfolge ich Beauty-Trends in allen sozialen Medien – sowohl ernst gemeinte als auch alberne, die nur zur Unterhaltung dienen – immer sehr genau. Besonders interessant finde ich daran den kulturellen Aspekt. Etwa zu beobachten, wie sich Vorlieben und Techniken in verschiedenen Ländern unterscheiden.
Gibt es überhaupt neue Make-up-Trends und Techniken? Oder wird Altbekanntem nur ein moderner Name verpasst?
Die größten Innovationen finden heute in der Kosmetikwissenschaft statt. Vor allem bei Inhaltsstoffen hat die Branche in den letzten 20 Jahren enorme Fortschritte gemacht. Neu sind deshalb meist weniger die Trends an sich, sondern die Wissenschaft dahinter. Mein Tipp für alle, die sich für Make-up interessieren und das Maximum an Kreativität herausholen wollen, lautet deshalb: Geht in die Produktentwicklung!
Haben Sie aus diesem Grund vor sechs Jahren Ihre eigene Kosmetikmarke lanciert?
Im Lauf meiner Karriere habe ich mit vielen Marken zusammengearbeitet, diverse Produkte ausprobiert und so eine enorme Expertise gesammelt. Diese wollte ich schließlich in die Entwicklung eigener Produkte und Formulierungen stecken. Viele Brands kaufen bestehende Formeln ein und entwickeln sie nicht selbst. Diesen Schritt selbst in die Hand zu nehmen, war und ist daher eine große Herausforderung, die mit vielen gescheiterten Versuchen einhergeht. Davon darf man sich aber nie entmutigen lassen.


© Arno Steinfort
Sie waren an der Entwicklung der originalen „Lash Idôle“-Mascara von Lancôme beteiligt. Jetzt erscheint die Neuinterpretation „Lash Idôle Flutter Extension“. Wie sieht der ideale Mascara-Auftrag aus?
Zuerst ist es wichtig, sich über den Zustand der eigenen Wimpern klar zu werden. Habe ich kurze Härchen und wünsche mir mehr Länge? Sind meine Wimpern zwar lang, aber es fehlt ihnen an Volumen? Die Wahl der richtigen Mascara ist für ein eindrucksvolles Endergebnis entscheidend. Für den Auftrag nehme ich mir außerdem gerne Zeit. Ich arbeite immer an einem Auge, dann am anderen. Mit einer Wimpernzange biege ich die Härchen zuerst nach oben. Anschließend halte ich einen Spiegel sehr niedrig an mein Gesicht und gehe mit dem Bürstchen ganz nah bis an die Haarwurzel. Dort trage ich das Produkt in Zickzack-Bewegungen auf. Wenn man direkt an der Wurzel viel Volumen bekommt, wirkt Mascara fast wie ein Eyeliner, und das spart vor allem morgens eine Menge Zeit!
Wir nähern uns langsam wieder der Saison, in der Hitze eine besondere Challenge für unser Make-up darstellt. Ihr liebster Tipp für einen lang anhaltenden Look?
Ich arbeite immer in dünnen Schichten und lasse mir genügend Zeit, um diese mit einer leichten Hand sorgfältig einzuarbeiten. Viele Menschen tendieren außerdem dazu, ihre Foundation mit einer dicken Schicht Puder zu setten. Besser ist es aber, nur punktuell kleine Mengen aufzutragen und bei Bedarf tagsüber nachzupudern.
Lisas Top 3 Make-up-Tipps
Natürlich! Aber wie?
Unerlässlich für einen ebenmäßigen Teint: der richtige (Unter-)Ton der Foundation! „Das Make-up-sieht sofort unnatürlich aus, wenn das Gesicht und der Hals unterschiedliche Farben haben. Für das perfekte Colour-Match mische ich deshalb meistens verschiedene Foundationnuancen zusammen“, erklärt der Profi.
Kein Grund (mehr) zu weinen
Lisas ultimativer Trick für alle, die beim Mascara-Auftrag mit tränenden Augen zu kämpfen haben: „Den Kopf schnell ganz weit nach hinten schmeißen, tief durch die Nase einatmen und wenige Sekunden in dieser Position verharren.“
It’s all about blending in
Dass ihre Make-up-Looks trotz intensiver Farben so schön soft wirken liegt an einem smarten Helferlein: „Ich habe immer einen sauberen Kabuki-Pinsel zur Hand, mit dem ich jeweils nach dem Auftrag von Bronzer, Blush und Highlighter über die Ränder gehe, um die Produkte natürlicher mit der Foundation zu verblenden.“