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Sie entlarvt Menschen beim Lügen: Wie wird man Profilerin?

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Profilerin Sabrina Rizzo

Profilerin Sabrina Rizzo erzählt

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Eine Profilerin packt aus: Sabrina Rizzo erkennt beim bloßen Hinschauen, wie Menschen ticken. Was können wir von ihr lernen? Wir haben mit der deutschen Expertin über ihren Joballtag und Strategien gesprochen, die helfen, Lügen zu entlarven. Was das alles mit Zwiebelschneiden zu tun hat und warum Männer nicht so oft nicken wie Frauen, erfährst du hier.

Plötzlich hochgezogene Mundwinkel, zuckende Finger: Dieser coolen Lady entgeht so gut wie nichts! Sabrina Rizzo ist Profilerin und Expertin für Mimik und Körpersprache. Wenn die Polizei nicht mehr weiter weiß, klingelt bei Rizzo, 46, in ihrem Hamburger Office das Telefon. Sie wird bei sogenannten Cold Cases, also ungeklärten Mordfällen, eingesetzt, um vermeintliche Täter in die Zange zu nehmen und zu einem Geständnis zu bringen. Rizzo sitzt dann bei Polizeieinvernahmen von Verdächtigen hinter einer verspiegelten Glaswand und scannt Aussagen auf ihren Wahrheitsgehalt.

Lügt er oder sie? Stimmt die Körperhaltung mit dem Gesagten überein? Wie stichhaltig ist das Alibi? Unter Profiling versteht man das Lesen von Verhaltensweisen eines Menschen. Das, was ihr bei der Vernehmung auffällt, gibt Rizzo sofort über eine sogenannte "Kommunikationspipeline" - einen Monitor inkl. Chatfunktion - an den Kriminalbeamten weiter, der dann seine Gesprächstaktik anpasst. Worauf es dabei ankommt und was Rizzo sieht, was andere vielleicht nicht mitbekommen, hat uns die Deutsche im Gespräch nähergebracht.

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Profilerin Sabrina Rizzo

 © privat

So entlarvt man Lügner

"Vor solchen Einsätzen studiere ich den Täter natürlich ganz genau. Manchmal habe ich auch nur ein Bild zur Verfügung. Daran erkenne ich, wie der Mensch tickt und wo seine Defizite liegen. Aber auch, was seine Absichten sind? Wie funktionieren seine Mimik und seine Physiognomie während der Vernehmung?", erklärt uns die Profilerin ihre eigens entwickelte Herangehensweise, die sie als kybernetischen Ansatz beschreibt.

Dazu gehören vier Bausteine: Emotionen sehen, Manipulationen wahrnehmen, Fragetechniken beherrschen und Lügen erkennen. "Ich kann Menschen lesen. Ich erkenne, welche Traumata jemand erlebt hat und welche Persönlichkeitsprobleme daraus resultieren." Ein Beispiel? "Wenn ein Täter in der Kindheit Probleme mit seiner Mutter hatte, wird er als Erwachsener stets nach Anerkennung suchen. Dann schlüpfen wir bei der Vernehmung in die Rolle seiner Mutter und geben ihm die Anerkennung zurück, die er früher nicht bekommen hat. Dadurch füllen wir ein Defizit auf, wodurch der Verdächtige auch eher bereit ist, uns etwas zu geben." Ein Geständnis zum Beispiel.

Männer lügen ganz anderes als Frauen.

Vorher gilt es natürlich, die Aussagen des vermeintlichen Täters zu überprüfen. Nur: Wie macht sie das? Wie erkennt man eigentlich eine Lüge? Kann man auch als Laie ihre Techniken anwenden? Ja, kann man. Etwa so: "Wenn Ihnen ein Mensch etwas erzählt, und sie zweifeln, nutzen Sie den retardierenden Moment (franz. retarder = verzögern, Anm.)." Soll heißen: Einfach mal ein paar Sekunden verstreichen lassen, nichts sagen und dem Gegenüber nonverbal deutlich machen, dass ihm nicht geglaubt wird - beispielsweise durch einen fragenden Blick. "Ein Lügner versucht eine Argumentation für die Behauptung nachzuschieben, weil er vermutet, aufgeflogen zu sein. Jemand, der ehrlich war, geht in der Regel zum nächsten Thema über und wundert sich vielleicht etwas über diese Situation."

Gehen wir Zwiebelschneiden?

Was laut Rizzo auch immer gut funktioniert, ist eine Überfrachtungs-Strategie: Angenommen, du verdächtigst deinen Partner und möchtest wissen, wo er letzte Nacht war: "Gib ihm ihm beim Kochen die Aufgabe, Zwiebel zu schneiden, und dann leg los mit deiner Frage. Bei einer Lüge brauchen wir ganz viele kognitive Ressourcen, weil wir uns diese ja merken müssen, um sie später so wiedergeben zu können. Damit diese Ressourcen genutzt werden können, unterbreche ich andere Aktivitäten, um mich besser zu konzentrieren." Wir haben nämlich nur circa fünf bis sieben Chunks - also Dateneinheiten im Gehirn - pro Sekunde zur Verfügung. Und diese sind mit Atmen, Fühlen, Hören und Zwiebelschneiden bereits ausgelastet, so Rizzo. Wer unterbrechen muss, sagt mit großer Wahrscheinlichkeit die Unwahrheit!

"Männer lügen übrigens ganz anders als Frauen", sagt die Profilerin. "Müssen sie ihre eigene Job-Performance beurteilen, legen sie sehr gerne mal eine Schippe oben drauf und verkaufen sich besser, als sie eigentlich sind. Frauen hingegen lügen oft im sozialen Umfeld: 'Wie geht's?' - 'Gut.' Auch wenn das nicht unbedingt der Wahrheit entspricht." Woran das liegt?

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Sabrina Rizzo ist Expertin für Mimik und Körpersprache. Die 46-Jährige bietet Coachings für Polizisten an. In Zukunft möchte Sabrina Rizzo auch Trainings und Seminare speziell für Frauen starten: profemale.de

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Rizzo erklärt diese Unterschiede mit den noch immer gesellschaftlich einzementierten Rollenbildern. Überspitzt formuliert: Männer machen Karriere, Frauen sind für die Familie da. Keiner dürfe sich in seinem Bereich Fehler erlauben.

Von Verschnörkelungen und Testosteron

Ein besonderes Herzensthema ist der Hamburgerin das Empowerment des weiblichen Geschlechts. "Jede Frau sollte sich mit der Machtsprache der Männer auseinandersetzen", empfiehlt die Expertin. Das beginne schon bei der Körpersprache: "Warum stehen wir so verschnörkelt da? Dadurch machen wir uns automatisch kleiner, als wir sind. Testosteron wird ja auch über die Körpersprache produziert, sogar bei Frauen. Je mehr Energie wir da reinstecken, etwa in eine große Körpersprache, desto stärker und glaubwürdiger kommen wir rüber. Denk mal an Helene Fischer zum Beispiel, die hat das drauf."

Aus ihrer Praxis weiß Rizzo, dass es vor allem im Jobumfeld oft zur Verunsicherung kommt, wenn Frauen mit männlichen Vorgesetzten zu tun haben. "Wir nicken im Gespräch 70 Prozent häufiger, als Männer das normalerweise tun. Das ist eigentlich ein schönes soziales Merkmal. Tut das mein Gegenüber nicht, irritiert uns das. Männer nutzen diese Taktik oft für eine bewusste Manipulation, um uns einzuschüchtern", gibt Rizzo zu bedenken. Mit dem Wissen darüber können wir besser mit solchen Situationen umgehen. "Viele Frauen neigen dazu, sich selber permanent infrage zu stellen. Wenn Fehler passieren, fragen sie: Was habe ich falsch gemacht? Was kann ich besser machen? Männer hingegen denken da gar nicht so viel nach und machen einfach weiter. Diese Gelassenheit könnten wir uns abschauen!"

Wie wird man Profilerin?

"80 Prozent von dem, was ich mache, habe ich gelernt. Die restlichen 20 Prozent sind Intuition", sagt Rizzo, die vor gut 15 Jahren damit begonnen hat, im Selbststudium die nonverbale Kommunikation der Menschen zu lernen. Die Lehre der Physiognomie geht ja davon aus, dass es möglich ist, von bestimmten Gesichtszügen auf den Charakter des Menschen zu schließen. So wird etwa eine Falte am Kinn schon mal als "Motzfalte" bezeichnet. "Damit sind Menschen gemeint, die gerne ihren Senf mitteilen." Oder zum Beispiel tief stehende Ohren, die findet man eher bei Leuten, die Entscheidungen sehr genau abwägen und sich viel Zeit dafür nehmen. Als Rizzo ihr Interesse für das Menschenlesen entdeckte, gab es das Berufsbild der Profilerin noch nicht. Über ein paar Umwege landete sie da, wo sie heute ist: Studium der Sozialpädagogik, Zwischenstopp in der Medienbranche als Grafikdesignerin, dann ein erneuter Wechsel in die Sicherheitsbranche: Ihr Job war es, auf Flughäfen nach Menschen Ausschau zu halten, die sich "verdächtig" verhielten. Damals hat die Menschenleserin schnell festgestellt, dass sich Schmuggler beispielsweise in der Körpersprache komplett anders verhalten als normale Passagiere. "Wenn ich nicht auffallen möchte, ist es mein höchstes Ziel, mich so zu benehmen wie andere in meiner Umgebung."

Notlügen erlaubt!

Vor sechs Jahren hat sich Rizzo selbstständig gemacht, heute bietet sie Coachings für Polizisten an, die in Mordkommissionen tätig sind, und wird sogar bei brisanten Wirtschaftsspionage-und Sabotage-Fällen gebucht. Rizzo ist in der Branche heiß begehrt, sie kann es sich mittlerweile aussuchen, mit wem sie zusammenarbeitet und wem sie ihre Skills anbietet. Übrigens: Sie berät auch Frauen - speziell bei Dating-Fragen, wo sie Fotos potenzieller Kandidaten auf ihre Match-Tauglichkeit scannt.

Aber ist es nicht eigentlich furchtbar anstrengend, Menschen in jeder Lebenslage durchschauen zu können? "Es geht. Ich kann unterscheiden, welche Themen ich unbedingt aufklären will, und welche mir nicht wichtig sind. Ich erlaube jedem seine kleinen Notlügen", lacht Rizzo, die mit ihrer Freundin einen siebenjährigen Sohn hat und in Hamburg lebt. Mit ihrer Lebenspartnerin hat Rizzo eine sehr offene und ehrliche Gesprächskultur. "Sie lügt nie! Wir kommen super miteinander klar. Und wenn sie mal schweigt, dann kenne ich mich auch aus."

Gesellschaftsphänomene

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