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Das Baden in freien Gewässern mit Wassertemperaturen um den Gefrierpunkt hat einen (coolen) Namen: Eisbaden. Welche gesundheitlichen Vorteile es hat, welche Risiken es mit sich bringt und wie Winterbaden nach der Wim-Hof-Methode funktioniert.
Ich zähle zu diesen Menschen, die selbst bei hochsommerlichen Temperaturen eine halbe Ewigkeit brauchen, um ins kühle Nass zu kommen. Somit ist es für mich unvorstellbar, in eiskaltes Wasser zu gehen, wie beim Eisbaden. Aber hättest du gewusst, dass Winterbaden unter anderem die mentale Stärke verbessern kann? Ich nicht.
Was ist genau Eisbaden und Eisschwimmen?
Eisbaden oder Winterbaden ist, wie der Name schon vermuten lässt, das Baden in freien Gewässern mit Wassertemperaturen um den Gefrierpunkt. "Beim Eisbaden ist man einige Sekunden bis Minuten bis zum Hals im (eis-)kalten Wasser. Hierbei bietet sich ein Loch am Ufer in einem Teich oder See bestens an", so Sportwissenschaftlerin Ingrid Santner, die im BLEIB BERG F.X. Mayr Retreat in Kärnten arbeitet und ihre Expertise an die Hotelbesucher:innen weitergibt. "Beim Eisschwimmen hingegen werden Gewässer benötigt, welche nicht zu schnell zufrieren. Prinzipiell unterscheidet sich Eisschwimmen von Eisbaden dadurch, dass die Aktivität Schwimmen dazukommt."
Eisgebadet wird bei einer Wassertemperatur um die 0 Grad Celsius, hat das Wasser zwischen 5 bis max. 15 Grad Celsius spricht man genau genommen vom Kaltwasserbaden. Beim Eisschwimmen sind es unter 4 Grad Celsius, liegt die Temperatur darüber handelt es sich um Winterschwimmen. Da nun die Begrifflichkeiten grob erklärt sind, widmen wir uns der Frage: Ist Eisbaden wirklich gesund? Kleiner Spoiler: ja!
Die gesundheitlichen Vorteile des Eisbadens
Auf die Frage, ob das Baden in eiskaltem Wasser gesund für den menschlichen Körper ist, hat Ingrid Santner eine klare Antwort: "Ja, es ist gesund." Einen großen Beitrag zur Bedeutung der Heilkraft des Wassers leistete der deutsche Priester Sebastian Kneipp mit seinen Kneipp-Anwendungen (z. B. Gesichtsguss, Knieguss, Wassertreten) im 19. Jahrhundert.
Die Expertin fasst die gesundheitlichen Vorteile des Eisbadens folgendermaßen zusammen:
stärkt das Herz-Kreislauf-System
stärkt das Immunsystem
steigert die Regenerationsfähigkeit
verbessert die mentale Stärke (Stichwort: Depression)
wirkt sich positiv auf den Stoffwechsel aus
Kurzum: Regelmäßiges Eisbaden stärkt das Immunsystem und schützt so vor Infekten. Als Reaktion auf die extreme Wasserkälte schüttet der Körper unter anderem die Hormone Adrenalin, Endorphine oder auch Kortikosteroide, die entzündungshemmend wirken, aus. Einer der Gründe, warum Eisbaden bei Hochleistungssportler:innen beliebt ist: Der Körper regeneriert schneller nach großer Anstrengung.
Ein weiterer gesundheitlicher Vorteil, den das Eisbaden mit sich bringt, ist das "Training" der Kalt-Warm-Reize. Was bedeutet das? Durch den "Kälteschock" im Wasser versucht der Körper auf schnellstem Weg Wärme zu produzieren. Die Gefäße, die sich aufgrund der extremen Kälte zusammengezogen haben, weiten sich wieder. Dieser Prozess stärkt besonders das Herz-Kreislauf-System.
Wie funktioniert Eisbaden?
Einfach Augen zu und ab ins eiskalte Wasser ist keine gute Idee. Selbst der niederländischer Extremsportler Wim Hof, auch als "The Iceman" bekannt, empfiehlt nicht gleich von 0 auf 100 zu gehen, sondern sich langsam an das Eisbaden heranzutasten.
Kurzer Exkurs: Wim Hof gilt als Guru des Eisbadens und ist der Erfinder der nach ihm benannten Methode, die sogar wissenschaftlich anerkannt ist. Es handelt sich dabei um eine Kombination aus einer speziellen Atemtechnik und dem regelmäßigen Baden in kaltem Wasser. Die Wim-Hof-Atmung besteht aus 30- bis 40-mal tiefem Ein- und Ausatmen ohne Pause. Anschließend wird die Luft eine Minute lang angehalten. Das Ganze anfangs zweimal wiederholen, dann auch öfter. Diese Atemtechnik ist wie eine Art Trockenübung, die dabei hilft, im eiskalten Nass nicht in Schnappatmung zu verfallen.
"The Iceman", der selbst jeden Tag nach dem Aufstehen bis zu fünf Minuten lang kalt duscht, rät sich so auf das Eisbaden vorzubereiten. Für Anfänger:innen heißt das aber nur ca. fünf Sekunden täglich nach der warmen Dusche von unten nach oben kalt abduschen. Die Dauer kann je nach Wohlbefinden täglich um ein paar Sekunden erhöht werden. Gut Ding braucht Weile: So kann es bis zu knapp 70 Tagen dauern, bis sich der Körper an die tägliche Eisdusche gewöhnt.
Noch ein Tipp vom Profi: Um sich auf das Eisbaden bei winterlichen Temperaturen vorzubereiten, kann man auch schon im Herbst mit dem Training bzw. den Vorbereitungen starten, denn das Wasser ist auch zu dieser Zeit schon seeehr erfrischend.
Das ist beim Eisbaden zu beachten
• Bereite dich auf das Eisbaden vor (z. B. kalte Duschen, Wim-Hof-Atmung, ...).
• Gehe nie alleine zum Eisbaden.
• Setze eine Haube auf und ziehe Handschuhe an (eventuell auch rutschfeste Neoprenschuhe).
• Gehe maximal bis zum Hals ins Wasser, Kopf bleibt über Wasser.
• Bleibe für ein einige Sekunden bis maximal ein paar Minuten im Wasser (je nachdem wie erfahren du bist).
• Achte auf deine Atmung (keine Schnappatmung).
• Nach dem Eisbaden gut abtrocknet, warm anziehen, eventuell heißen Tee trinken (in Thermoskanne mitnehmen).
Aber mit einmal Eisbaden ist es nicht getan, damit es seine gesundheitsfördernde Wirkung zeigt. Zweimal pro Woche oder auch öfter trainiert Körper und Seele am besten. Wichtig: Ein Tag Ruhepause sollte auf jeden Fall zwischen des Eisbade-Sessions liegen.
Und aufgepasst: Winterbaden am Morgen sorgt für Motivation (Hallo Glückshormone) und abends wirkt es eher entspannend (Auf Wiedersehen Alltagsstress).
Risiken beim Eisbaden und wer darauf verzichten sollte
Wer das Eisbaden ausprobieren möchte, sollte nicht nur währenddessen auf seinen Körper hören, sondern auch schon im Vorfeld, sprich: Bin ich fit genug für das Winterbaden? Im allerbesten Fall lässt man sich von seiner Hausärztin/seinem Hausarzt vor dem ersten Gang ins eiskalte Wasser gesundheitlich untersuchen.
"Personen, welche an Bluthochdruck, Herz- oder Gefäßerkrankungen, etc. leiden, sollten auf das Eisbaden verzichten. Prinzipiell wird empfohlen, sich vorher ärztlich durchchecken zu lassen", so Expertin Ingrid Santner.
Wenn folgende Symptome während des Eisbadens auftreten, muss man schnellstmöglich aus dem Wasser:
schnelle Atmung/schneller Herzschlag
bleiche Hautfarbe
Müdigkeit
Verwirrtheit
Zittern
Daher betont auch die Sportwissenschaftlerin: "Eisbaden sollte nie alleine durchgeführt werden!" Im Notfall muss schnell gehandelt werden, daher sollte man immer zumindest zu zweit unterwegs sein.
Risiken beim Eisbaden sind:
Ertrinken
Herzstillstand
Hypothermie (Unterkühlung)
Kälteschock
Schlaganfall
Zusammengefasst: Eisbaden ist mit Vorsicht zu genießen, denn auch wenn es die Gesundheit fördert, bringt es trotzdem hohe gesundheitliche Risiken mit sich und kann im schlimmsten Fall tödlich enden.
Wo kann man in Österreich Eisbaden gehen?
"Prinzipiell kann man in jedem Teich oder See (Faaker See, Wörthersee, etc.), der frei zugänglich ist, im Winter Eisbaden gehen", verrät Ingrid Santner.
Eisbadeplätze in den Bundesländern
• Alte Donau (Wien): Einstieg am Kagraner Uferplatz im 22. Bezirk
• Mondsee (Oberösterreich): Einstieg z. B. am Badeplatz Loibichl
• Ratzersdorfer See (Niederösterreich): nur einen Katzensprung von St. Pölten entfernt
• Hintertuxer Gletscher in Tirol (für "Fortgeschrittene"): im Natureispalast kann zur Extended Tour Eisbaden/-schwimmen dazu gebucht werden (ärztliches Attest erforderlich)
• Tipp von Expertin Ingrid Santner: Faaker See oder Wörthersee (Kärnten)
Die Sportwissenschaftlerin fügt noch hinzu: "Beginnern würde ich allerdings unbedingt zu einem angeleiteten/begleiteten Eisbaden raten. Das geht zum Beispiel im BLEIB BERG F.X. Mayr Retreat. Dort kann Eisbaden in den individuellen Aufenthalt integriert werden – im Sommer in der Badewanne, im Winter im Naturbadeteich. Ein besonderes Erlebnis für alle Kälte-Fans ist auch die Kältekammer bei minus 110 °C."
Weltrekorde im Eisbaden
Der österreichische Extremsportler Josef Köberl verweilte 2020 2 Stunden, 30 Minuten und 53 Sekunden in einer mit Eiswürfel gefüllten Box. Das bescherte ihm den Weltrekord-Titel "Longest Duration Full Body Contact With Ice". Aktuell liegt der weltweite Rekord bei 2 Stunden 35 Minuten und 33 Sekunden, aufgestellt vom Franzosen Romain Vandendorpe.
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