Paul McCartney und der Ehrgeiz im Yoga
Eigentlich soll man sich beim Yoga nicht ärgern, aber ich tue es trotzdem. Seit Jahren versuche ich den Kopfstand. Aber ohne Hilfe meines Yoga-Lehrers schaffe ich es nicht, in die Position zu kommen und sie zu halten. Vielleicht sind meine Muskeln zu schwach oder es mangelt mir an innerer Balance, was weiß ich.
"Yoga ist nicht auf Leistung ausgerichtet", sagt Remo Rittiner, einer der führenden Experten für Yogatherapie, in einem Artikel, den ich gerade für die Winterausgabe des WOMAN Balance Magazins vorbereite. Neben mir steht eine Tasse mit ayurvedischem Vata-Tee, der entspannend wirken soll und ich gebe Remo Rittiner innerlich Recht. Auch ich finde, dass Ehrgeiz auf der Yogamatte nichts verloren hat.
Ich will, was Paul McCartney kann
Ich liebe meine wöchentliche Yogastunde als Kontrapunkt zur getriebenen Medienwelt, in der mein Leistungsdenken einmal für 90 Minuten Pause machen darf. Doch manchmal, aber wirklich nur manchmal, schleicht sich dann doch auch hier ein Streben nach Mehr, nach Perfektion, nach Erfolg ein. Ich will endlich den Kopfstand können!
Schuld daran ist Paul McCartney. Ja, ausgerechnet der 82-jährige Ex-Beatle, der schon mit "Let It Be" eine Hymne auf die Gelassenheit intonierte, kann einen perfekten Kopfstand. Gesehen habe ich das in den sozialen Medien, wahrscheinlich auf Instagram, wo mir laufend die wildesten Yoga-Posen von Sinnfluencern in die Timeline gespült werden. Die haben inszenierte Asanas vielleicht notwendig, um Likes zu lukrieren – aber sicher nicht die größte lebende Musiklegende!
Loslassen und Hingabe an den Moment
Sir Paul McCartney liebt Yoga, weil es ihm Spaß macht. Und weil ihn der Kopfstand jung hält: Umkehrhaltungen entlasten die Wirbelsäule, verbessern die Verdauung und die Funktion des Gehirns. Beim Yoga spielt nicht das Erreichen der schwersten oder schönsten Pose die Hauptrolle, sondern die Hingabe an den Moment. In den eigenen Atem vertrauen, Grenzen ausloten und akzeptieren, dass Fortschritt oft genau dann passiert, wenn wir loslassen. So wie große Kunst.
Ich habe beschlossen, den Kopfstand weiter zu üben. Nicht verbissen, aber konsequent. Vielleicht klappt es ja doch noch irgendwann. Und wenn nicht, bleiben mir immer noch die Rolling Stones: You can’t always get what you want.