Freundschaften sind wie Beatles-Songs
Es geht schon wieder um die Beatles. Einer meiner besten Freunde hat ein fantastisches Buch über sie geschrieben, das soeben im Residenz Verlag erschienen ist. Das Buch heißt "Als die Beatles Österreich auf den Kopf stellten" und auf dem Cover sieht man die vier Pilzköpfe im Schnee.
Obertauern war 1965 im Ausnahmezustand, als die Beatles dort Szenen für ihren Film "Help!" drehten. Das Buch beschreibt, sorgfältig recherchiert und mit viel Kennerwissen, wie Österreich die Beatles erlebte – ergänzt durch Stimmen von Größen wie Peter Handke, Michael Köhlmeier oder Marco Wanda.
Warum ich Ihnen das erzähle? Nun: Ein bisschen habe ich zur Entstehungsgeschichte des Buches beigetragen. Ich habe besagten Freund seinerzeit nämlich mit dem Beatles-Virus infiziert. Das war Anfang der 80-er Jahre; wir waren vielleicht zwölf, dreizehn Jahre alt. Und es war damals nicht leicht, Beatles-Fan zu sein: John Lennon war schon tot und unsere Freunde hörten Duran Duran, David Bowie oder Queen.
Wir hatten weder Internet noch Spotify
Für uns aber war klar: Die Beatles sind die besten. Die Liebe zu den Fab Four verbindet uns bis heute. Vielleicht, weil sie so viel mehr als Musik ist – ein Gefühl, eine Einstellung, eine Art, das Leben zu sehen und zu erleben. Wir hatten damals weder Internet noch Spotify; in Wieselburg gab es nicht einmal ein Plattengeschäft.
Auf ein neues Album mussten wir bis zum nächsten Geburtstag warten. Wenn man Glück hatte, standen die Texte auf der Rückseite der Plattenhülle. Wir haben die Musik der Beatles nicht konsumiert, sondern andächtig auf uns wirken lassen, analysiert und aufgesaugt. Wenn ich heute Songs wie "Norwegian Wood" höre, weiß ich noch ganz genau, wie ich mich damals gefühlt habe.
Vielleicht haben wir es mit unserer Leidenschaft manchmal ein wenig übertrieben. Ich erinnere mich an einen Interrail-Trip durch Frankreich, ausgestattet mit Zelt, Rucksack, einer Gitarre und dem schweren Songbook, in dem über 200 Beatles-Lieder samt Akkorden aufgelistet sind. Er war John, ich war Yoko. Ein paar Mal haben wir sogar an öffentlichen Plätzen gesungen, nur für uns und die Mitreisenden. Gut, dass es davon keine Videoaufnahmen gibt.
Der Kitt, der Freundschaften zusammenhält
Oder das Konzert von Paul McCartney 1993 in der Wiener Stadthalle: Wir haben es geschafft, an der Security vorbei, bis vor die Bühne zu kommen. Linda hat uns vom Keyboard aus zugewunken. 2013 haben wir Yoko Ono in der Otto Wagner Villa getroffen. Die Leidenschaft zu den Beatles hat uns immer wieder gezeigt, wie schön es ist, für etwas zu brennen. Leidenschaft ist keine Laune, kein flüchtiges Gefühl. Sie ist der Kitt, der Freundschaften zusammenhält; das Wissen, dass uns all das gemeinsam Erlebte zu immerwährenden Komplizen macht.
Vielleicht sind Freundschaften wie Beatles-Songs. Denn, Hand aufs Herz: Letztlich sehnen wir uns doch alle nach jemandem, der sich für etwas genauso begeistern kann wie wir selbst. Jemand, der die gleiche Freude verspürt, wenn "Come Together" im Radio läuft oder der mit dir ausflippt, wenn Sir Paul McCartney seine vielleicht letzte Tournee ankündigt. Wir wollen diese Menschen, die wie die Beatles in unser Leben treten und bleiben – wie Melodien, die nie enden. Mein Freund hat mich übrigens in seinem neuen Buch bei der Danksagung erwähnt. Völlig zu Recht, wie ich finde.