Advent, Tahine und der erste Schnee
Jemand postet, dass es in Paris gerade schneit, und das finde ich schön. Ich bekomme zurzeit wenig mit von der realen Außenwelt, da ich mit einer Erkältung ans Home Office gebunden bin.
Ein bisschen fühlt sich das an wie zuletzt während der Pandemie. Die Tochter bemüht sich um Abstand; das letzte, was sie jetzt braucht, ist eine von der Mutter ausgehende Virenattacke, die sie im Sozialleben einschränkt.
Und natürlich nützt sie es schamlos aus, dass ich einmal, wenn auch schwächelnd, zu Hause verfügbar bin. Kannst du mir bitte, whatsappt sie aus dem Auhofcenter, Süßkartoffeln, Karfiol und Kohlsprossen in den Ofen schieben? Und natürlich sage ich nicht Nein.
Das Café, in dem die Tochter kellneriert
Das Gemüse ist fein geschnippelt im Ofen und mein Kopf beugt sich abwechselnd über den Laptop und über eine Schüssel mit heißem Wasserdampf. Es gibt nichts Demütigerendes als Inhalieren, aber auch nichts Wirksameres. Ich tu mir ziemlich leid. Wenn ich wieder gesund bin, dann setzte ich mich in das nette Café, in dem die Tochter gerade kellneriert und lasse mir von ihr einen Cappuccino kredenzen, aber fix.
Der Beste bemerkt meine schlechte Laune. Ich muss da gar nichts sagen, nur entsprechend dreinschauen. Nonverbale Ehe-Kommunikation, erprobt seit über 20 Jahren. Er schlägt vor, am ersten Adventwochenende Freunde einzuladen und weil ich mich gerade so isoliert fühle, sage ich, ja okay.
Ich bin für marokkanisch, sage ich, aber der Beste warnt: Nur keine Experimente! Meine vegetarische Kreation im Vorjahr war ein Reinfall. Es gab als Hauptspeise etwas zu Trockenes mit Bulgur und ich bin meinen Freunden bis heute dankbar, dass sie sich nichts anmerken haben lassen. Diesmal also lieber wieder Fleisch.
Tahine! Für den marokkanischen Eintopf mit Fleisch und Gemüse müssen wir aber noch einen dieser nach oben hin spitz zulaufenden Tontöpfe kaufen, bei Le Creuset haben sie besonders schöne. Sicher nicht, sagt der Beste. Wieder ein Gerät, das genau einmal verwendet wird, und dann unten im Kellerregal vergessen wird. Außerdem, betont er, diesmal schon etwas schärfer: Keine Experimente!
Warum nicht Schmalzbrot mit Zwiebel?
Ich finde ja: Das Essen wird bei Einladungen überbewertet. Mir geht es um gute Gespräche, ums Schmäh führen, ums Beisammensein. Ginge es nach mir, könnte man auch Schmalzbrote mit Zwiebeln auftischen. "Wie wäre es mit Zwiebelschmalzbroten?" frage ich. Der Beste schaut mich an als wäre ich nun völlig übergeschnappt. Dann nimmt er sein Handy und googelt: "Tahine."
Ich gehe zum Ofen; das Gemüse ist schon knusprig. Gleich wird die Tochter kommen. Und, sage ich zum Besten, weißt du, was wir außer dem Tontopf heuer auch nicht vergessen dürfen? Er überlegt: Servietten, genug Wein, die Weintrauben zum Käse? Nein, sage ich, den Adventkranz! In Paris schneit es schon.