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Der Milcheinschuss ist nicht nur der "Startschuss" zum Stillen, sondern auch für viele Mütter eine emotionale Achterbahnfahrt mit schmerzenden Brüsten. Alles zur Milchbildung im Wochenbett.
Nicht nur die Geburt eines Babys ist eine Achterbahnfahrt der Emotionen, nein, auch die Tage, Wochen, Jahre danach. Aber bleiben wir einmal bei den Tagen danach. Der dritte Tag nach der Geburt meiner Tochter war einer der tränenreichsten. Der Grund: der Milcheinschuss.
Und nicht nur die Tränen flossen, wie wild, sondern auch die Milch. Das ist jetzt doch etwas übertrieben, aber ohne Still-BH inklusive Stilleinlagen und Taschentüchern fürs Dauerweinen ging ab diesem Tag nichts mehr. Das Gefühlschaos hatte mich voll im Griff. Nach ca. zwei Tagen verflogen die Stimmungsschwankungen, was blieb: die Stilleinlagen im Still-BH.
Als mein Sohn zwei Jahre später auf die Welt kam, dachte ich, ich weiß, was auf mich in puncto Milcheinschuss zukommt. Nun ja ... Dieses Mal startete mein tränenreiches Gefühlswirrwarr schon am zweiten Tag nach der Geburt, begleitet von einem starken Druck- und Spannungsgefühl in den Brüsten. Mein Sohn und ich meisterten gemeinsam den Stillstart und was besonders wichtig ist: Frage nach Hilfe, wenn du sie brauchst, nur weil es dein zweites (drittes, viertes, ...) Baby ist, heißt es nicht, dass du "sattelfest" in all deinen Aufgaben als Mama bist (und das musst du auch gar nicht).
Was ist der Milcheinschuss?
Als Kolostrum (Erstmilch, Vormilch, "flüssiges Gold") werden die "Milchportionen" in den ersten Stunden und Tagen nach der Geburt genannt. Sie sind cremig-gelblich und dickflüssig. Das Kolostrum liefert wichtige Abwehrstoffe und Nährstoffe für dein Baby und regt ein wenig den Verdauungstrakt an, damit dieser in Schwung kommt.
Wenn dein Baby in den ersten 24 Stunden nach der Geburt selten und wenig trinkt, ist das normal, denn ein paar Tropfen Vormilch machen es schon sehr satt.
Zwischen dem 2. und 6. Tag nach der Geburt kommt der Milcheinschuss, also der Beginn der reichlichen Milchbildung. Den Milcheinschuss empfinden Frauen unterschiedlich, für manche ist es eine emotionale Achterbahnfahrt mit schmerzenden Brüsten, andere verspüren nur etwas mehr Druck in ihren Brüsten.
Milcheinschuss: Wann er beginnt und wie lange er dauert
Ein paar Tage nach der Entbindung, meist zwischen dem 2. und 6. Tag nach der Geburt, wird die Vormilch von der cremig-weißen Übergangsmilch abgelöst: Dieser Zeitpunkt wird als Milcheinschuss bezeichnet. Brüste sowie auch Brustwarzen schwellen an und können schmerzen. Die Volumenzunahme der Brüste passiert aufgrund Brustdrüsenschwellung und der einströmenden Milch. Etwa zwei Wochen nach der Geburt wird aus der Übergangsmilch die reife, weiße Muttermilch.
Die Tabelle zeigt einen Überblick, wann welche Milch kommt und wie viel Milliliter das Baby pro Milchmahlzeit in der Anfangszeit trinkt (bezogen auf ca. 10 Milchmahlzeit in 24 Stunden). Es handelt sich um Durchschnittswerte (Quelle: medela.at).
Alter des Babys | Milch | Menge | |
---|---|---|---|
1-2 Tage | Kolostrum (dickflüssig, gelb) | 4-5 ml | |
3-4 Tage | Kolostrum/Übergangsmilch | 30-40 ml | |
5-14 Tage | Übergangsmilch (cremig-weiß) | 50-80 ml | |
ab 14 Tage | reife Muttermilch (weiß) | 70-90 ml |
Anfangs produziert dein Körper "nur" rund 40 bis 50 Milliliter Vormilch in 24 Stunden. Diese Menge steigert sich im Laufe der Zeit bis zu einem Liter Muttermilch pro Tag. Davon trinkt dein Baby zwischen 250-300 Milliliter pro Milchmahlzeit. Wichtig ist: Stillen geht nach Bedarf und nach diesem Angebot-und-Nachfrage-Prinzip richtet sich auch die Milchproduktion: Je mehr getrunken wird, desto mehr wird produziert.
Zurück zum eigentlichen Thema: Der Milcheinschuss wird ausgelöst, da nach der Geburt durch das Abstoßen der Plazenta die Hormonspiegel von Östrogen und Progesteron fallen. Im Gegenzug steigt der Spiegel des Hormons Prolaktin, das für die Milchbildung verantwortlich ist. Da spielt das Saugen des Babys an der Brust eine wichtige Rolle, denn dadurch regt es die Ausschüttung von Prolaktin an.
Durch das Nuckeln an den Brüsten wird auch das sogenannte "Kuschelhormon" Oxytocin im Körper der Mama angeregt und ausgeschüttet, das den Milchtransport in der Brust unterstützt.
Dieser grobe Überblick zeigt deutlich, dass die Hormone bei Müttern in dieser Zeit im wahrsten Sinne des Wortes "verrückt" spielen und die Folge ist oft eine emotionale Achterbahnfahrt der Gefühle: "Wenn die Milchfülle kommt, fühlt sich manchmal die Seele von Müttern leer. Sie leiden unter Stimmungsschwankungen und sind traurig, ohne zu wissen, warum. Jetzt nur kein schlechtes Gewissen – dieser "Baby Blues" passiert vielen. Er dauert auch nicht lange und man kann etwas dagegen tun, zum Beispiel mit Aroma- oder Bachblütentherapie", so Hebamme Traude Trieb in der MAM-Broschüre "Entdecke die Welt des Stillens".
Es ist von Frau zu Frau unterschiedlich, wie lange der Milcheinschuss dauert. Nach ca. 24 Stunden, aber spätestens zwei bis drei Tagen sollten sich Beschwerden wie geschwollene und schmerzende Brüste legen. Es können aber ca. zwei Wochen vergehen, bis aus der Vormilch die reife Muttermilch wird.
Was ist Prolaktin oder der Milchspendereflex?
Diese Hormone und dieser Reflex werden beim Stillen durch das Saugen des Babys aktiviert (aus "Entdecke die Welt des Stillens"):
• das Hormon Prolaktin regt die Milchbildung an
• Oxytocin (Hormon) bewirkt das Zusammenziehen von Zellen, so wird die Milch in die Gänge Richtung Brustwarze gedrückt
• der Milchspendereflex wird während einer Stillmahlzeit mehrmals ausgelöst – er wirkt an beiden Brüsten gleichzeitig, daher tropft oft die Brust, an der das Baby gerade nicht trinkt
• diesen Reflex spüren manche Mamas stark, andere kaum
• es kann anfangs bis zu zehn Minuten dauern, bis das Saugen des Babys den Milchspendereflex auslöst (vor allem bei Erstgebärenden)
Schmerzen & Symptome
Auch wenn Mütter den Milcheinschuss unterschiedlich stark empfinden, sind das die typischen Symptome im Überblick:
erhöhte Temperatur
gerötete Haut im Brustbereich
geschwollene Brüste
Spannungsgefühl in den Brüsten
Verhärtungen in den Brüsten
Schmerzen beim Milcheinschuss gehören oft dazu, da die Brüste stark an Größe zunehmen und spannen. Schmerzen können aber auch darauf hinweisen, dass du dein Baby öfter anlegen solltest.
Was hilft: Körperkontakt mit deinem Kleinen, eine warme Dusche (oder warme Umschläge) vor dem Stillen erleichtert das Fließen der Milch, kalte Umschläge (mit Topfen, dieser wirkt auch entzündungshemmend) nach dem Stillen helfen gegen das Spannungsgefühl. Dieser anfängliche Druck in deinen Brüsten sollte sich nach ein paar Tagen legen und sie sollten sich wieder weicher anfühlen.
Lass dir auf jeden Fall auch in dieser Zeit professionell von einer Hebamme oder Stillberaterin unter die Arme greifen. Ein falscher Umgang mit dem Milcheinschuss kann zu einem Milchstau oder Brustentzündung (Mastitis) sowie anderen Stillproblemen führen.
Was tun, wenn der Milcheinschuss nicht kommt?
Es kann unterschiedliche Ursachen haben, dass der Milcheinschuss später kommt oder stoppt, zum Beispiel: Entbindung per Kaiserschnitt, Trennung von Baby und Mutter nach einer Frühgeburt, Erkrankung der Mutter, Brustoperation, seltenes Anlegen.
Nicht selten tritt bei einem Kaiserschnitt der Milcheinschuss etwas verspätet ein, lege dein Baby innerhalb von 24 Stunden acht- bis zwölfmal an, das Saugen regt die Milchbildung an – wie auch viel Körper-/Hautkontakt mit dem Kleinen.
Wichtig: Hole dir auch in dieser Situation Unterstützung von einer Hebamme/Stillberaterin. Das gilt auch fürs Gegenteil: Wenn du beim Milcheinschuss ein "Überangebot an Muttermilch" hast.
Milcheinschuss verhindern
Es gibt auch Situationen, in denen der Milcheinschuss medikamentös gestoppt oder verhindert wird. Wenn eine Frau eine Fehlgeburt nach der 16. Schwangerschaftswoche oder Totgeburt erleidet, blockieren Ärzte:innen durch Medikamente den Milcheinschuss.
Auch wenn Frauen durch eine Erkrankung nicht stillen dürfen oder können (auch beispielsweise wegen Drogenkonsums) kann der Milcheinschuss medikamentös verhindert werden.
Das gilt auch für Mamas, die nicht stillen möchten. Wichtig ist, das im Vorfeld zu kommunizieren und Details mit der Ärztin/dem Arzt zu besprechen.
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