Ein Leben voller Höhen und Tiefen – ein Leben voller Inspiration für Geschichten: Astrid Lindgren ist die bekannteste Kinder- und Jugendbuchautorin der Welt. Ihre rund 70 Kinderbücher wie "Pippi Langstumpf" oder "Michel aus Lönneberga" wurden in 106 Sprachen übersetzt und sind in einer Gesamtauflage von sage und schreibe 165 Millionen erschienen.
- Steckbrief: Astrid Lindgren
- Eine idyllische Kindheit auf dem Pfarrhof Näs bei Vimmerby in Schweden
- Astrid Lindgrens schwersten Jahre wurden zur größten Inspiration
- Astrid Lindgrens beliebtestes Werk "Pippi Langstrumpf" entstand durch Zufall
- Kinderbuchautorin bis zur Pension
- Die letzten Jahre: Humor und Kampfgeist bis zum Tod
- Alle Werke von Astrid Lindgren
Astrid Lindgren stirbt nie – auch wenn sie schon seit einiger Zeit nicht mehr unter uns weilt. Vor wenigen Jahren erst wurde ein Film über ihr Leben gedreht. Wer "Astrid" (2018) - eine Filmbiografie von Pernille Fischer Christensen - gesehen hat, weiß ein wenig mehr über jene Frau, die mit Pippi, Lotta, Michel und vielen mehr unsere Kindheit geprägt hat. Auch die derzeitige und jede kommende Generation wird noch von den herrlichen Charakteren, die in Lindgrens Kopf entstanden sind, zehren und inspiriert werden.
Was allerdings wenige wissen: Die Schriftstellerin, die 94 Jahre alt geworden ist, hat sich zeitlebens für Tier- und Menschenrechte eingesetzt – nach ihr wurde sogar ein Tierschutzgesetz - das "Lex Lindgren" - benannt. 1978 bekam sie dafür den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels, 1994 einen "alternativen Nobelpreis", den Ehrenpreis des "Right Livelihood Awards", überreicht.
Steckbrief: Astrid Lindgren
Steckbrief
Astrid Lindgren (Astrid Anna Emilia Lindgren, ehem. Ericsson)
Partner: Sture Lindgren (1931-1952)
Kinder: Karin Nyman (1934), Lasse Lindgren (1926-1986)
Stockholm, Schweden
Eine idyllische Kindheit auf dem Pfarrhof Näs bei Vimmerby in Schweden
Astrid Lindgren wurde am 14. November 1907 als eines von vier Kindern mit dem Namen Astrid Anna Emilia Ericsson geboren. Mit ihren Geschwistern Gunnar, Stina und Ingegerd wuchs sie auf dem Pfarrhof Näs bei Vimmerby in Småland auf. Ihre Eltern waren Samuel August Ericsson und Hanna Ericsson. Man darf sich Astrids Kindheit ebenso idyllisch vorstellen, wie sie es in ihren Klassikern "Pippi Langstrumpf" und "Kinder von Bullerbü" immer wieder beschreibt.
Sehr früh ist bemerkbar, dass das Mädchen offenbar über großes sprachliches Talent verfügt: Neben ihrer Muttersprache sind es Englisch, Deutsch und Französisch, die sie leidenschaftlich und motiviert lernt. Sie geht gerne in die Schule und bringt gute Noten nach Hause. 1923 macht Astrid ihren Realschulabschluss und hilft ihrer Mutter beim Haushalt.
Schon mit 17 Jahren bekommt sie ein unglaubliches Angebot: Der Chefredakteur der ortsansässigen Zeitung "Vimmerby Tidning" lässt Astrid Beiträge der Journalist:innen redigieren und bietet ihr eine journalistische Ausbildung an. Schon bald wird die Autorin zum Liebling der Redaktion - und das, obwohl sie sich die Zöpfe abschneidet und Herrenanzüge trägt. Sie war nun einmal großer Greta Garbo Fan! Dennoch ein recht unüblicher Look in einer kleinen schwedischen Stadt wie Vimmerby.
Astrid Lindgrens schwersten Jahre wurden zur größten Inspiration
Ihre Karriere in der Redaktion soll nicht allzu lange dauern. Ein Jahr nach Dienstantritt wird sie schwanger – von ihrem Chefredakteur, einem verheirateten Mann mit sieben Kindern. Auch wenn ihre Familie kämpft: Die Schande ist zu groß, um daheim bleiben zu können. Astrid muss nach Stockholm ziehen und nimmt dort einen Job als Sekretärin an.
Ihren 1926 in Kopenhagen geborenen Sohn darf sie nicht behalten: Seine ersten drei Lebensjahre verbringt Lasse dank der Vermittlung des Rigshospitalet mit seiner Pflegemutter Marie Stevens. Diese Zeit sei eine große Inspiration für ihre Bücher gewesen, meint die Schriftstellerin viel später. Schon damals habe Astrid jede Menge geschrieben - Tagebuch, Kurzgeschichten und auch Weihnachtsmärchen, die in Tageszeitungen veröffentlicht wurden.
1929 kann sich Lasses Ersatzmutter wegen Herzbeschwerden nicht mehr um ihn kümmern und er darf zu seiner biologischen Mutter nach Stockholm ziehen – verbringt aber auch insgesamt ein Jahr bei seinen Großeltern auf dem Hof Näs. Als Astrid den Bürovorsteher ihres Arbeitgebers, Sture Lindgren, heiratet und von diesem schwanger wird, bekommt der acht Jahre alte Lasse eine kleine Schwester: Karin.
Astrid Lindgrens beliebtestes Werk "Pippi Langstrumpf" entstand durch Zufall
Geschrieben hat Astrid Lindgren immer. Am 1. September 1939 – dem Tag, an dem der Zweite Weltkrieg mit dem deutschen Überfall auf Polen begann - fing sie etwa an, "Kriegstagebücher" zu verfassen. Diese wurden posthum unter dem Titel "Die Menschheit hat den Verstand verloren" (2015) veröffentlicht. Zusätzlich arbeitet sie geheim beim Nachrichtendienst - bis Kriegsende. Somit hatte sie immer Insider-Informationen rund um das Kriegsgeschehen.
Erst 1940 wird es richtig ernst mit der Schriftstellerei. Die künftige Kinderbuchautorin erzählt am Krankenbett ihrer Tochter Stegreifgeschichten. Karin erfindet irgendwann den Namen Pippi Langstrumpf, der eine ganz besondere Geschichte im Kopf ihrer Mutter entstehen lässt.
Im März 1944 reicht Astrid ihre Erstfassung beim schwedischen Verlagshaus "Albert Bonniers Förlag" ein und bekommt eine Absage. Jahre später druckt letztlich der Verlag Rabén & Sjögren die Geschichte – nicht wissend, welch Kinderbuch-Kult sich daraus entwickeln wird. Die erste Illustration der Pippi-Figur soll von der Autorin selbst stammen. In weiterer Folge erhält Astrid Lindgren im Verlag auch eine Stelle als Lektorin.
Das erste Buch entsteht ebenfalls durch einen Zufall: 1944 nimmt Astrid an einem Preisausschreiben für Mädchenbücher teil. Mit "Britt-Mari erleichtert ihr Herz" erhält sie den 2. Preis in der Kategorie "Mädchenbücher für das Alter 10-15 Jahre". Britt-Mari wird veröffentlicht und ist somit das erste gedruckte Werk. Ihr Ehemann Sture kann leider nicht mehr lange an Astrids Erfolg teilhaben: Er stirbt bereits 1952 im Alter von 55 Jahren – er soll Alkoholiker gewesen sein.
Kinderbuchautorin bis zur Pension
Astrid Lindgren blieb dem Verlag treu – bis zu ihrer Pension 1970. Sie baute dort die Kinderbuchabteilung auf, kam täglich nach Mittag ins Haus, wo sie vornehmlich mit Autor:innen Gespräche führte und Manuskripte zu lesen hatte.
Morgens soll sie noch im Bett liegend an ihren eigenen Büchern geschrieben haben – und dies per Stenografie. Die Sprachmelodie musste stimmen, das war der Autorin stets enorm wichtig. Abgetippt wurde selbst – bis ins hohe Alter.
Die letzten Jahre: Humor und Kampfgeist bis zum Tod
Mit 80 noch auf Bäume klettern, launige Sprüche klopfen und gut gelaunt durchs Leben gehen. So stellt man sich Mama-Pippi vor – und so war sie auch. Zeitlebens hat sie etwa ihre tausenden Briefe, die ihr Kinder geschrieben haben, gelesen und zum Teil auch beantwortet. Immer wieder machte sie mit ungewöhnlichen Aktionen auf sich aufmerksam.
Etwa, als ihr 1997 der Preis zur Schwedin des Jahres verliehen wurde. Sie sprach mit folgenden Worten zum Publikum: "Ihr verleiht den Preis an eine Person, die uralt, halb blind, halb taub und verrückt ist. Wir müssen aufpassen, dass sich das nicht herumspricht."
Am 28. Januar 2002 stirbt die weltberühmte Autorin in ihrer Wohnung in Stockholm im Alter von 94 Jahren an einer Virusinfektion. Bei der darauffolgenden Gedenkfeier in der Stockholmer Storkyrkan nahmen neben dem Königshaus auch zahlreiche Menschen auf der Straße teil. Astrid Lindgren hinterlässt die bunte Welt der Pippi Langstrumpf und vielen weiteren Held:innen, die wir nicht missen mögen.
Alle Werke von Astrid Lindgren
"Pippi Langstrumpf"-Reihe
Pippi Langstrumpf (1945)
Pippi Langstrumpf geht an Bord (1946)
Pippi in Taka-Tuka-Land (1948)
"Kalle Blomquist"-Reihe
Meisterdetektiv Blomquist (1946)
Kalle Blomquist lebt gefährlich (1951)
Kalle Blomquist, Eva-Lotte und Rasmus (1953)
"Bullerbü"-Reihe
Wir Kinder aus Bullerbü (1947)
Mehr von uns Kindern in Bullerbü (1949)
Immer lustig in Bullerbü (1952)
Weihnachten in Bullerbü (1962)
Lustiges Bullerbü (1965)
Kindertag in Bullerbü (1966)
"Kati"-Reihe
Kati in Amerika (1950)
Kati in Italien (1952)
Kati in Paris (1954)
"Peter und Lena"-Reihe
Ich will auch in die Schule gehen (1951)
Ich will auch Geschwister haben (1954)
"Karlsson vom Dach"-Reihe
Karlsson vom Dach (1955)
Karlsson fliegt wieder (1962)
Der beste Karlsson der Welt (1968)
"Kinder unserer Erde"-Reihe
Noriko-San aus Japan (1956)
Sia wohnt am Kilimandscharo (1958)
Lasse aus Dalarna (1959)
Lilibet, das Zirkuskind (1960)
Marko in Jugoslawien (1962)
Japi aus Holland (1963)
Randi aus Norwegen (1965)
Wanthai aus Thailand (1966)
Matti aus Finnland (1968)
"Lotta und ihre Geschwister aus der Krachmacherstraße"-Reihe
Die Kinder aus der Krachmacherstraße (1958)
Lotta zieht um (1961)
Na klar, Lotta kann radfahren (1971)
Lotta kann fast alles (1977)
Natürlich ist Lotta ein fröhliches Kind (1990)
"Tomte Tummetott"-Reihe
Tomte Tummetott (1960)
Tomte und der Fuchs (1966)
"Madita"-Reihe
Madita (1960)
Madita und Pims (1976)
Guck mal, Madita, es schneit (1983)
Als Lisabet sich eine Erbse in die Nase steckte (1991)
Wie gut, dass es Weihnachtsferien gibt, sagt Madita (1993)
"Michel aus Lönneberga"-Reihe
Michel in der Suppenschüssel (1963)
Michel muss mehr Männchen machen (1966)
Michel bringt die Welt in Ordnung (1970)
Als Klein-Ida auch mal Unfug machen wollte (1984)
Michels Unfug Nummer 325 (1985)
Nur nicht knausern, sagte Michel aus Lönneberga (1986)
Weitere Bücher
Britt-Mari erleichtert ihr Herz (1944)
Kerstin und ich (1945)
Nein, ich will noch nicht ins Bett! (1947)
Als der Bäckhultbauer in die Stadt fuhr (1951)
Mio, mein Mio (1954)
Nils Karlsson-Däumling (1956)
Rasmus und der Landstreicher (1957)
Rasmus, Pontus und der Schwertschlucker (1957)
Polly hilft der Großmutter (1958)
Weihnachten im Stall (1961)
Ferien auf Saltkrokan (1964)
Jule und die Seeräuber (1967)
Die Brüder Löwenherz (1973)
Das entschwundene Land (1975)
Ronja Räubertochter (1981)
Der Drache mit den roten Augen (1985)
Rupp Rüpel: das grausigste Gespent aus Småland (1986)
Der Räuber Assar Bubbla (1987)
Über die Autor:innen
Anne Köppke
Als Online-Redakteurin für WOMAN liegt es mir sehr am Herzen, nicht nur Wort für Wort aneinanderzureihen, sondern Geschichten zu erzählen, sowohl meinen eigenen als auch den Horizont der Leser:innen zu erweitern und - das ist besonders wichtig - stets Spaß an der Sache zu haben.
Meine Themenschwerpunkte: Astrologie, Esoterik, Lifestyle, Kultur, Gesellschaft, LGBTQIA+, Porträts und Beauty. ✍🏻🌙🔮🌈💄💋
Anne war bis inkl. Januar 2024 für woman.at tätig.
Ines Glatz-Deuretzbacher
Externe Autorin