Es klingt ziemlich verlockend, eine kleine Pille zu schlucken und damit eine gesamte Schwangerschaft zu verhindern. Genau dafür ist die Anti-Baby-Pille aber bekannt! Mithilfe des Verhütungsmittels kann der Menstruationszyklus und damit auch die Ovulation gestoppt werden. Wir zeigen, welche verschiedenen Präparate existieren und wie diese anzuwenden sind.
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Kinder sind niedlich, keine Frage! Es ist genauso legitim, keine haben zu wollen oder derweil die Karriere einer Schwangerschaft vorzuziehen. An dieser Stelle kommt die Anti-Baby-Pille ins Spiel, die - wie der Name schon verrät - als am häufigsten verwendete und beliebteste Verhütungsmethode gilt.
Auf den ersten Blickt wirkt die Pille fast schon wie ein Wundermittelchen: Das "Lifestyle-Medikament" dient sowohl der Verhütung als auch Minimierung von Hautunreinheiten, Zyklusunregelmäßigkeiten und Menstruationsbeschwerden wie Krämpfen. Klingt super, oder?
Manchmal aber trügt der Schein: Wir zeigen, was man bei der Anti-Baby-Pille erwarten sollte und wieso sie in den meisten Fällen nicht die Lösung, sondern das eigentliche Problem bildet - leider.
Worum handelt es sich bei der Anti-Baby-Pille?
Ich werfe einfach mal die Hypothese in den Raum, dass so ziemlich alle Menstruierenden - ob gewollt oder ungewollt - relativ früh mit hormonellen Verhütungsmethoden in Kontakt getreten sind. Bereits beim ersten Frauenarzt-Besuch wird einem die Anti-Baby-Pille regelrecht unter die Nase gehalten und als heiliger Gral angepriesen - oft ohne die Aufklärung potentieller Nebenwirkungen.
Heutzutage verhüten rund 200 Millionen menstruierende Personen weltweit mit der Pille. Allein in Österreich gibt es über 80 verschiedene Pillenpräparate, welche an die jeweiligen Bedürfnisse angepasst werden! Wie auch beim Menschen ist dabei von sogenannten "Generationen" die Rede. Innerhalb der letzten Jahre hat sich nämlich die Zusammensetzung der enthaltenen Hormone verändert: Pillen der 1. und 2. Generation enthalten die Gestagene Levonorgestrel oder Norgestimat, während die Gestagene Desogestrel, Dienogest, Gestoden oder Drospirenon bei der 3. und 4. Generation mit einem Östrogen kombiniert werden.
Allgemein gilt: Das Arzneimittel ist dafür da, den natürlichen Menstruationszyklus außer Kraft zu setzen. Durch die oben erwähnten Hormone wird die Reifung der Eizellen und somit auch der Eisprung verhindert - es kann nicht zur Befruchtung kommen. Wer die Pille einnehmen möchte, muss erstmals Gynäkolog:innen aufsuchen und ein Rezept ausgestellt bekommen. In Österreich übernimmt die Krankenkasse allerdings keine Kosten für Verhütung! Je nach Hersteller und Variante kann die Anti-Baby-Pille bis zu 15€ pro Monat kosten. In Deutschland hingegen werden verschreibungspflichtige Verhütungsmittel bis zum 22. Lebensjahr übernommen - allein die Rezeptgebühr ist zu bezahlen.
Wo findet die Pille ihren Ursprung?
Im Jahre 1951 lernten die damalige Krankenschwester Margaret Sanger und Biologin Katharina McCormick den Endokrinologen Gregory Pincus kennen. Gemeinsam arbeiteten sie daran, das erste Verhütungsmittel in Pillenform zu entwickeln! Vorarbeiten der Chemiker Franc Colton und Carl Djerassi - der übrigens gebürtiger Österreicher war - halfen dabei, dass Schwangerschaftshormon Progesteron und das "weibliche" Hormon Östrogen künstlich herzustellen.
Das daraus entstandene Produkt "Enovid" wurde 1957 in den USA zugelassen und sollte erstmals nur dabei helfen, Menstruationsbeschwerden zu lindern. Bereits drei Jahre später wurde es jedoch offiziell als Verhütungsmittel deklariert. Fun Fact: Anfangs war es nur verheirateten, mehrfachen Müttern erlaubt, die Pille einzunehmen. Dies änderte sich natürlich mit den Jahren - die Anti-Baby-Pille, wie wir sie heute kennen, wurde geboren.
Wie sieht es mit den Hormonen aus?
... oder auch: Wie wirkt die Pille eigentlich? Bei den meisten Anti-Baby-Pillen handelt es sich um Kombinationspillen, die Östrogene und Gestagene (Progesteron) enthalten - das sind die von Djerassi künstlich hergestellten Geschlechtshormone. Ich erspare euch lieber die biologische, eventuell verwirrende Erklärung und komme stattdessen zum springenden Punkt: Das Präparat ermöglicht einen konstanten Hormonspiegel, ohne dabei eine Schwangerschaft zu initiieren.
Im Umkehrschluss bleibt durch die Einnahme der Pille der Eisprung aus, weswegen diese auch als "Ovulationshemmer" bezeichnet wird. Gestagene sorgen dafür, dass der Zervixschleim im Gebärmutterhalskanal dicker wird - Spermien kommen also nicht mehr so easy durch. Auch der monatliche Aufbau der Gebärmutterschleimhaut wird verhindert, sodass sich ein eventuell doch befruchtetes Ei keinesfalls einnisten kann.
Welche unterschiedlichen Varianten der Pille gibt es?
Im Großen und Ganzen wird zwischen der Mikropille und Minipille unterschieden - zumindest, wenn es um alltägliche Einnahmen geht. Hinzukommt die Pille danach, welche nur für Notfallsituationen angedacht ist. Damit wir alle auf dem selben Wissensstand sind, folgt ein kleiner Faktencheck:
Mikropille
Als Mikropille wird das Präparat bezeichnet, was sonst überall als "Pille" bekannt ist - also einfach die uns bekannte, "normale" Anti-Baby-Pille. Der Name kommt nicht von ungefähr: Mikropillen weisen im Gegensatz zu den Vorgängermodellen einen wesentlich geringeren Östrogenanteil auf.
Bei der Mikropille - die auch Kombinationspille genannt wird - unterscheidet man zwischen zwei Arten: Einphasenpillen enthalten stets dieselbe Menge an Östrogen und Gestagen. Meist wird die Pille für circa 21 Tage zur selben Uhrzeit eingenommen, um daraufhin eine Pause von 7 Tagen einzulegen. In dieser Zeit kommt es zur Abbruchblutung - wobei auch hier der Schutz vor einer Schwangerschaft bestehen bleibt. Wichtig: Die Pause ist nicht verpflichtend.
Zwei- und Dreiphasenpillen haben - man kann es sich denken - mehrere Phasen, wobei für die erste und zweite Zyklushälfte unterschiedliche Zusammensetzungen von Östrogen vorgesehen sind. Es muss unbedingt darauf geachtet werden, die Pille in der richtigen Reihenfolge einzunehmen. Die Idee dahinter? Präparate dieser Art sollen dem natürlichen Menstruationszyklus so nah wie möglich kommen - denn auch dieser weist unterschiedliche Phasen auf.
Minipille
Die Minipille funktioniert theoretisch genauso wie die Mikropille, wird aber ohne Östrogen hergestellt. Sie kommt dann infrage, wenn beispielsweise eine Unverträglichkeit vorliegt. Deswegen: Lasst euch immer vorher beraten! Minipillen mit Levonorgestrel eignen sich außerdem hervorragend während der Stillzeit, da so die Milchbildung und -qualität nicht verändert wird.
Pille danach
Im Gegensatz zur regulären Anti-Baby-Pille braucht man für diese Pille - zumindest in Westeuropa - kein Rezept. Wieso? Weil es schnell gehen muss! Die Pille danach wird als Notfallverhütung herangezogen, wenn ungeschützter Sex ohne Schwangerschaftswunsch vollzogen wurde, das Kondom gerissen ist oder Magen-Darm-Beschwerden auftreten. Dafür gibt es beim Kauf in der Apotheke weder eine Alters- noch Geschlechtsbeschränkung. Übrigens: Frankreich war das erste europäische Land, das die Pille danach rezeptfrei eingeführt hat.
Wer die Pille danach - bestenfalls spätestens am darauffolgenden Tag - zu sich nimmt, hemmt automatisch die Follikelreifung, verschiebt dadurch den Eisprung und gibt den Spermien genug Zeit, um abzusterben. Ist die Ovulation schon vorgekommen, ist auch die Pille danach wirkungslos. Bitte denkt daran, dass es sich bei der Einnahme um eine Ausnahme handeln soll! Eure Geldbörse wird euch danken: Betroffene müssen die Kosten selbst übernehmen - das sind je nach Präparat 13€ bis 32€.
Pille für den "Mann"
... existiert nicht. Überraschung! Da hattet ihr kurz Hoffnung, oder? Innerhalb der letzten Jahre sind immer wieder gewisse Studien zur Pille für den Mann durch das Internet gegeistert - ja, und wo bleibt die jetzt? Das wüsste ich auch gerne. Zwar gab es wohl die eine oder andere Versuchsreihe, bei der die Spermienbildung der Probanden erfolgreich minimiert werden konnte, eine Pille für den Mann wurde dennoch nie final entwickelt.
Der Grund ist folgender - bitte nicht vom Hocker fallen: Leider traten zu viele Nebenwirkungen wie Libidoverlust und Stimmungsschwankungen auf! Die Studie der WHO wurde im Jahr 2011 abgebrochen. Das ist mittlerweile über 11 Jahre her. Da gibt es wohl noch einiges aufzuholen ...
Was sollte bei der Einnahme beachtet werden?
Wenn du die Pille zum ersten Mal einnimmst, beginnst du am ersten Tag deiner Menstruation. Ab da an ist eine tägliche Einnahme vorgesehen - die mögliche Pause nicht mit eingerechnet - wobei du dir definitiv eine feste Uhrzeit überlegen solltest! Falls ihr der vergesslichen Fraktion angehört, empfiehlt es sich, ein besonderes Ritual einzuführen oder einen Wecker zu stellen. Im Fall der Fälle ist es auch kein Weltuntergang, sollte die Einnahme der Pille wirklich versäumt werden: Wenn ihr sie bis zu 12 Stunden nach dem ursprünglichen Zeitpunkt einnehmt, wird die Wirksamkeit nicht verringert. Ansonsten zur Pille danach oder zusätzlichem Schutz greifen!
Solltet ihr an Durchfall oder Erbrechen leiden und erst vor einigen Stunden die Pille eingenommen haben, kann es sein, dass der Wirkstoff ausgeschieden wird. Hier ist es wichtig, ein weiteres Verhütungsmittel heranzuziehen - vor allem, wenn die Beschwerden für einen längeren Zeitraum anhalten. Bei der Kombination mit Antibiotika ist ebenso Vorsicht geboten: Manche Medikamente können die Wirkung der Pille beeinträchtigen oder sogar aufheben.
Gibt es Nachteile, die man kennen sollte?
Die Pille zu nehmen, mag zwar (vergleichsweise) einfach und schnell sein, bringt aber einige Negativfaktoren mit sich. Wie bei jedem anderen Medikament auch werden sämtliche Nebenwirkungen in der Packungsbeilage aufgeführt:
Übelkeit und Erbrechen
Gewichtszunahme
sexuelle Lustlosigkeit
Spannungsgefühl in den Brüsten
Veränderung von Blutdruck und Blutgerinnung
Thromboserisiko
Herz- und Kreislaufprobleme
Depression und Suizidgedanken
Abgesehen davon, dass es sich bei der Pille heute um ein sexistisches Konstrukt handelt und die Menstruation tabuisiert wird, erhöht die Einnahme - so zeigt es eine Analyse der Internationalen Krebsforschungsagentur auf - das Brustkrebsrisiko. Das Risiko für Leber-, Eierstock- und Gebärmutterhalskrebs hingegen sinkt scheinbar.
Ferner weist eine dänische, im Jahr 2016 durchgeführte Studie darauf hin, dass Nutzer:innen von hormonellen Verhütungsmitteln wahrscheinlicher mit Depression diagnostiziert werden - gerade dann, wenn sie sowieso psychisch instabil sind. Dabei handelt es sich jedoch um Hinweise und keine Beweise.
Manchmal ist die Pille aber auch Retter in der Not!
Das Wichtigste zuerst: Bei der Anti-Baby-Pille handelt es sich um eins der sichersten Verhütungsmittel - und das bereits ab dem ersten Tag der Einnahme. Dies wird mithilfe des sogenannten "Pearl-Index" festgestellt. Je kleiner er ist, desto sicherer ist die Methode letztendlich. Der Pearl-Index einer Mikropille beträgt 0,1 bis 0,9; der einer Minipille liegt zwischen 0,5 und 3 bis 4. Damit du dir das Ganze bildlich vorstellen kannst: 0,1 würde bedeuten, dass eine:r von 1000 Menstruierenden schwanger wird.
Da Personen in der Pubertät oder auch regulär oft unter starker Akne leiden - welche durch einen erhöhten Spiegel an männlichen Geschlechtshormonen verursacht wird - ist es möglich, das Hautbild durch die Pille zu verbessern. Denkt dran: Wenn ihr sie wieder absetzt, kommt die Akne eventuell zurück. Die "Pubertät eurer Haut" wird sozusagen nur kurzzeitig pausiert.
Allgemein nutzen viele die Pille, um ihre Menstruationsbeschwerden wie Unterbauchkrämpfe zu lindern. Besonders für Endometriose-Patient:innen bildet das Präparat den letzten Ausweg, da Blutungsdauer und -stärke durch die Einnahme abnehmen. Manchmal macht es ebenfalls Sinn, den Zyklus komplett zu verschieben und die Pille durchzunehmen - beispielsweise, wenn ein Urlaub oder wichtiges Ereignis ansteht, bei dem man nicht durch Schmerzen abgelenkt werden möchte.
Das erwartet dich beim Absetzen der Pille
Ich möchte euch keine Angst einjagen, aber: Die Pille und das Absetzen dieser sollte nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Vor allem Personen, die über mehrere Jahre hinweg damit verhüten, verlieren schnell das Gefühl dafür, wie ihr Körper eigentlich zu funktionieren hat. Ihr müsst euch bewusst sein, dass euer Hormonhaushalt komplett durcheinander gebracht wird!
Vielleicht, vielleicht auch nicht - je nachdem, wie gut ihr informiert seid - folgt ein kleiner Schocker: Ist euch eigentlich klar, dass eure während der Pilleneinnahme vorkommende Blutung nichts mit der Menstruation zu tun hat? Jap. Das war es jedoch leider noch nicht. Das "Beste" daran ist, dass die Blutung - und damit auch sämtliche Schmerzen - gar nicht nötig sind. All die Pillen, die während der Pause eingenommen werden, bestehen aus Zucker. Die Pillenpause wurde damals nur eingeführt, um eine Natürlichkeit vorzutäuschen.
Ansonsten - weil der Rest natürlich nicht reicht - kommen Gewichtsschwankungen, Depression, Haarausfall und ein unregelmäßiger Menstruationszyklus hinzu. Als ich vor einem Jahr die Pille abgesetzt habe, hatte ich teilweise durchgehend meine Regel, manchmal allerdings auch mehrere Wochen gar nicht. Einen Pluspunkt gibt es dennoch: Eure Libido steigt! Ihr merkt schon ... euer Körper scheint eine Menge durchgemacht zu haben. Überlegt euch also lieber zwei Mal, ob ihr wirklich die Anti-Baby-Pille nehmen wollt. Falls ihr super damit klarkommt, ist das natürlich umso besser.
Alles in allem kann man sagen, dass kein Mensch dem anderen gleicht - und daher auch eine individuell abgestimmte "Behandlung" braucht. Es ist stets empfehlenswert, sich über Alternativen wie die Spirale, das Hormonpflaster oder den Kupferball zu informieren. Sucht man Gynäkolog:innen auf, sollte man mit einer klarer Vorstellung in das Gespräch hineingehen. Vertraut eurem Körpergefühl und steht zu eurer Meinung!