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Anna Netrebko: Der russisch-österreichische Popstar unter den Operndiven

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14 min
Anna Netrebko

Anna Netrebko

©imago images/SKATA
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700.000 Follower auf Instagram – ungewöhnlich für eine Opernsängerin. Ein It-Girl der Opernwelt möchte Anna Netrebko trotz aller und Inszenierung dennoch nicht sein. Sie sei zur wahren Künstlerin gereift und suche sich seit ihrem 50. Geburtstag vor allem jene Rollen aus, die ihre hochdramatische Seite zur Geltung bringen.

Schwarzer Pelz, dunkles, in Wellen gelegtes Haar, roter Kussmund, üppige Kurven und auf dem Hut die rote Feder. Auftritte, die man so schnell nicht vergisst. Und das völlig abseits der Bühne. Anna Netrebko wird vermarktet wie ein Popstar. Ein gelernter Wallstreet Investment-Banker soll das Marketing einst übernommen haben. Weit über die Opernwelt hinaus wird sie gefeiert, macht Werbung für Haarshampoos, lächelt von Werbeplakaten und von Titelblättern hunderter Hochglanzmagazine.

Karten ihrer Auftritte sollen am Schwarzmarkt bis zu 5.000 Euro erzielt haben. Ein Hype, der kaum einer Sängerin des klassischen Faches je gelungen ist. Auf ihren Internet-Kanälen wird Spaß gemacht, geküsst, geflirtet – ganz große Oper eben. Und dennoch sagt die Diva und Powerfrau im Interview: "Ich mag den Schwachsinn über die sexy Diva nicht mehr hören". Sie sei zur reifen Künstlerin geworden, die Heldinnen à la Traviata, die nur schmachten, "öde" findet. Sie will endlich mit Musik ihres Lieblingskomponisten Wagner auf der Bühne stehen.

Steckbrief Anna Netrebko

© imago

Steckbrief

Anna Netrebko

geboren
18.09.1971
Geburtsort
Russland
Beruf
Opernsängerin
Wohnort

Sankt Petersburg, Wien und New York

Sternzeichen

Jungfrau

Familienstand

Verheiratet (seit 2015) mit Yusif Eyvazov

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Anna Netrebko: Der Beginn eines Opernstars

1971 wurde Anna Netrebko in Krasnodar, einer Millionenstadt in Südrussland, geboren. In einen Haushalt, der mit Musik wenig zu tun hatte: Ihre Mutter Larisa Ivanovna war Ingenieurin, ihr Vater Yury Nikolaev Geologe.

Schon in ihrer Kindheit war sie lebhaft, ein Wirbelwind, der sich gerne verkleidet, sich immer in den Mittelpunkt stellt. "Diese wilde Energie sprudelte, und ich konnte nie ruhig sprechen. Ich schrie immer", so erzählt sie über sich in der TV-Doku "Anna Netrebko - Anna The Great" aus dem Jahr 2014.

Die besten Voraussetzungen für eine Schauspiel- und Gesangsausbildung (Sopran), die sie am Rimski-Korsakow-Konservatorium in Sankt Petersburg beginnt.
Um etwas Geld zu verdienen, arbeitet sie nebenbei im Mariinski-Theater als Putzfrau, wo sie sich während des Bodenschrubbens die Proben des Ensembles ansehen konnte – und dies stundenlang.

Nachdem sie 1993 einen Gesangswettbewerb gewonnen hatte, lässt sie Intendant und Dirigent Waleri Gergijew, der sie quasi beim Putzen entdeckt, vorsingen und engagiert sie vom Fleck weg. "Es war nicht nur amüsant und kurios, sondern sogar notwendig, ihr eine Rolle anzubieten", sagt er in der Doku.

So gibt sie in ebendiesem Jahr ihr Operndebüt als Susanna in der "Hochzeit des Figaro". Daraufhin erhält sie eine Einladung zum Schleswig-Holstein Musik Festival, wo sie noch 1994 erstmals in Deutschland auftritt und danach eine Saison lang am Staatstheater Darmstadt ihr Können zum Besten gibt.

Blitzkarriere mit 24 Jahren

Der Kick-off einer nahezu beispiellosen Blitzkarriere in der Opernwelt ist ein Gastspiel in San Francisco: Sie tritt als Ludmilla in Glinkas Ruslan und Ludmila unter der Leitung von Valeri Gergijev auf und wird zum Weltstar. Ein unglaublicher Hype rund um die Primadonna mit der Stimme, die zwei Oktaven umfasst, beginnt – der zwar zahlreichen Kritiker:innen missfällt, was aber ihrer Popularität keinen Abbruch tut.

International geht es 2002 so richtig los – und dies bei den Salzburger Festspielen. Festspielchefin Helga Rabl-Stadler war damals unsicher: "Wir waren alle sehr gespannt, ob Nikolaus Harnoncourt diese selbstbewusste, viel lachende junge Frau mögen würde". Doch es klappte zwischen den beiden und Anna debütierte als Donna Anna in "Don Giovanni" unter dem strengen Maestro mit Bravour – sie wurde als Sensation gefeiert.

Fragt man die Intendantin, so liegt die Stärke der Netrebko neben ihrer hohen Musikalität in ihrer außergewöhnlichen Stimme und ihrer schauspielerischen Begabung. "Und sie hat darüber hinaus ein tänzerisches Talent – somit ist Anna auf der Bühne ein Gesamtkunstwerk", sagte sie.

Die wichtigsten Opernhäuser, Verträge und Meilensteine

Anna Netrebko wird zu einer der bedeutendsten Opernsängerinnen der Welt. 2002 nimmt sie die Deutsche Grammophon exklusiv unter Vertrag und sie hat ihr Debut in der Metropolitan Opera in New York als Natascha in Krieg und Frieden. 2003 debutiert sie an der Wiener Staatsoper.

Anna Netrebko tingelt weiter zwischen den führenden Häusern der Welt: Der Metropolitan Opera, der Mailänder Scala, dem Moskauer Bolschoi-Theater und vielen mehr. 2004 erhält sie dann auch ihre ersten goldenen Schallplatten und unterzeichnet ihren ersten Werbevertrag als Testimonial für o2.

Ein Meilenstein passiert wiederum bei den Salzburger Festspielen: Anna Netrebko tritt als Violetta Valéry in Giuseppe Verdis Oper “La Traviata” auf. Gemeinsam mit dem mexikanischen Tenor Rolando Villazón. Noch heute wird über diese Darbietung gesprochen, als eine der besten dieser Partien der Salzburger Festspiele.

Noch weitere Superlative verzeichnet die Diva in den darauffolgenden Jahren: 2006 tritt sie in Berlin beim kulturellen Rahmenprogramm der Fußball-WM mit Plácido Domingo und Rolando Villazón vor 20.000 Zusehern auf – es wurde weltweit übertragen und gilt als das bislang meistgesehene Klassikkonzert jemals. Im Jahr darauf 2007 wird Anna Netrebko vom US-Magazin “Time” in die Liste der 100 einflussreichsten Persönlichkeiten der Welt aufgenommen.

Weltweiter Erfolg

Die Jahre danach gingen in ähnlichem Tempo mit Konzerten und Opernauftritten in aller Welt weiter: 25 Opern-Rollen nennt sie mittlerweile ihr Repertoire - ebenso viele Studio Alben und DVDs hat sie veröffentlicht, die insgesamt rund 1 Million mal verkauft wurden, was ihr diverse goldene und platinene Schallpatten einbrachte.

Und nicht nur das: 13 mal wurde Anna Netrebko sowohl in Österreich als auch in Russland geehrt, ein Dokumentarfilm wurde über sie gedreht, zwei Bücher über sie geschrieben. Und wenn man ihren namen googelt, tja, dann erhält man schlichte 7 Millionen Einträge …

Anna Netrebko ganz privat

Das Liebesleben der Netrebko wurde immer und überall öffentlich kommentiert. Ebenso wie Tiefschläge, Krankheiten und Ungereimtheiten. So lebt man als weltweiter Superstar. Doch auch sie selbst macht auf ihren Internet-Kanälen und in Interviews kein Geheimnis aus ihren momentanen Status.

So erfährt man im Frühsommer 2007, dass der Bariton Simone Alberghini längst Geschichte ist. Netrebkos neue Liebe, die nicht nur in sämtlichen Tratsch und Klatschspalten zelebriert wurde, ist der uruguyanische Bassbariton Erwin Schrott. Ihre Liebe wird 2008 mit der Geburt von Sohn Tiago gekrönt.

Doch das Glück bleibt nicht ungetrübt: Im Trennungsjahr 2013 gibt die Mutter eines Fünfjährigen in Interviews bekannt, dass ihr Sohn eine schwache Form von Autismus habe. "Ich habe gedacht, warum spricht das Kind nicht? Ich dachte zunächst, weil es vier Sprachen hört. Dann habe ich Tiago von Spezialisten untersuchen lassen", erzählte sie damals der italienischen Tageszeitung Corriere della sera. Auch mit Ex-Ehemann Schrott dürfte nicht alles ganz so toll gewesen sein, wie die Medien kolportiert hatten. Sie selbst gibt freimütig in den Medien zu: "Nur der Sex war gut".

Ersatzpapa und Bühnenpartner: Yusif Eyvazov

"Das ist mein schönster Valentinstag", postete Anna Netrebko am 12. Februar auf Facebook. Söhnchen Tiago, hat für seine Mama einen Bogen voller Herzen gebastelt. "Ich konzentriere mich auf meine Rolle als Mutter und Opernsängerin und bin lieber allein". Doch dies hält nicht allzu lange an: Einen Monat später postet der aserbaidschanische Tenor Yusif Eyvazov ein Kuschelbild mit Anna, das um die Welt geht.

Im Juli 2014 geben die beiden ihre Verlobung bekannt. Kennengelernt habe sie ihn bei Proben zur Aufführung von Manon Lescaut in Rom. Schon eineinhalb Jahr später fand die Hochzeit im Palais Coburg statt. Diesmal möchte Netrebko auch wirklich alles anders machen, laut Insidern. Sie blocke Interviews ab, um nicht zu Eyvazov befragt zu werden.

Anna Netrebko über COVID-19 und den Ukraine Krieg

2020 erkrankt Anna Netrebko an COVID-19-Virus und bekommt eine Lungenentzündung. Ihre Stimme versagt vorerst. Wie schon 2007, als sie erstmals Stimmbandprobleme hatte. Doch nach einer Woche wird sie aus dem Moskauer Krankenhaus entlassen. Im Jahr darauf, jenes ihres 50. Geburtstages, treten weitere Probleme auf.

Die Doppelstaatsbürgerin (seit 2006 ist sie auch hat sie auch die österreichische) feiert als öffentliche Putin-Unterstützerin im Moskauer Kremlpalast und wird schwer kritisiert. Im Februar 2022, direkt nach dem russischen Überfalls auf die Ukraine, äußerte sie öffentlich, dass sie kein politischer Mensch und gegen den Krieg sei. Als Russin liebe sie jedoch ihr Land, habe aber viele Freund:innen in der Ukraine. Der Schmerz und das Leid würden ihr das Herz brechen.

Alle wichtigen Opernhäuser der Welt fordern sie auf, sich zu distanzieren. Daraufhin ließ sie anwaltlich verkünden, sie "verurteile den Krieg gegen die Ukraine ausdrücklich". Sie würde insbesondere bedauern, dass sie in der Vergangenheit zum Teil falsch interpretiert wurde. Sie strebe durch ihre Kunst ausschließlich Frieden und Einigkeit an. Was wiederum dazu geführt hat, dass ihr in ihrem Heimatland Auftritte verwehrt wurden.

Der Wunsch nach mehr Ruhe

In einem Interview, das sie rund um ihren 50. Geburtstag dem Corriere della Sera gibt, sehnt sie sich eindeutig nach mehr Ruhe: "Mein Traum ist, ein kleines Boot zu haben, wo mich niemand sehen kann". Ebendort bedauert sie einen Mangel an Freizeit und Ruhe. "Ich habe überhaupt keinen Urlaub und schon gar keine Zeit für mich". Ihr Leben sei nicht wunderbar, klagt die Sopranistin. Da bleibt ihr nur zu wünschen, dass die kommenden Lebensjahre ihre Träume wahr werden lassen – es liegt ja wohl auch in ihrer Hand …

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