Logo

Eizellen einfrieren: Den Kinderwunsch auf später verschieben

Subressort
Aktualisiert
Lesezeit
13 min
Eizellen einfrieren

©Elke Mayr
  1. home
  2. Service
  3. Mutterschaft

Selbstbestimmt Kinder kriegen, egal in welchem Alter - mit Social Egg Freezing ist das möglich. Wir waren zu Besuch in einer renommierten Kinderwunschklinik und erklären euch, wie das funktioniert.

Den richtigen Zeitpunkt für Kinder – gibt es den überhaupt? Mit Mitte 20 gibt es doch noch so viel zu erleben, aber zu lange warten ist auch nicht optimal für die Familienplanung, oder? Ich erlebe viele Frauen, die sich diese Gedanken machen und vor allem eins: Druck.

Frauen und Männer sind hinsichtlich ihrer Fortpflanzungsorgane sehr unterschiedlich. Männer haben keinen biologischen Druck. Sie produzieren Spermien bis zu ihrem 80. oder 90. Lebensjahr. Frauen hingegen haben ab 40 nur noch ca. 1/3 ihrer Eizellen, mit denen sie schwanger werden können. Social Egg Freezing, also das Einfrieren von Eizellen, wird somit als ein Schritt in Richtung mehr Gleichberechtigung der Geschlechter gesehen. Ist das wirklich so?

Wie das ganze funktioniert, welche Risiken es gibt und wie hoch die Erfolgschancen stehen, erfahrt ihr bei uns. Für WOMAN habe ich mich mit Frau Dr. Maria Röthlisberger, stellvertretende ärztliche Leiterin in der Wunschkind Klinik Dr. Brunbauer, in Wien getroffen. Als Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe arbeitet sie bereits seit 2018 im Bereich der Reproduktionsmedizin. Diese ermöglicht es, die biologische Uhr etwas langsamer ticken zu lassen.

Ich möchte einfach wissen, dass ich alles getan habe, um mir den Kinderwunsch zu erfüllen“.

- Greta, 30. Möchte ihre Eizellen einfrieren lassen.

Was genau ist Social Egg Freezing?

Unter Social Egg Freezing versteht man das Einfrieren von Eizellen, die dann zum richtigen Zeitpunkt wieder aufgetaut, befruchtet und in die Gebärmutter eingesetzt werden können. Durch dieses Verfahren können Frauen den individuell optimalen Zeitpunkt für eine mögliche Schwangerschaft selbst bestimmen.

Gründe: Warum lassen Frauen ihre Eizellen einfrieren?

Der Druck ist weg: Ich muss jetzt den passenden Partner finden.

Dr. Maria RöthlisbergerÄrztin

Es gibt unterschiedliche Gründe, wieso sich Frauen dazu entscheiden, ihre Eizellen einfrieren zu lassen."Der häufigste, nicht medizinische Grund ist, dass die Frau noch nicht den passenden Partner gefunden hat. Viele Frauen sagen, ich habe diesen Kinderwunsch und möchte mir diesen mit einem passenden Partner erfüllen. Aus unserer Sicht ist das der Hauptgrund für ein Social Egg Freezing", erklärt Dr. Maria Röthlisberger.

Andere Frauen wiederum entscheiden sich dafür, da sie sich zunächst auf ihre Karriere konzentrieren möchten, um beispielsweise einen Job im Ausland anzunehmen. Kinder wünschen sie sich in der Zukunft - aber eben noch nicht jetzt.

Für das Einfrieren von Eizellen als fruchtbarkeitsschützende und -erhaltende Maßnahme entscheiden sich Frauen insbesondere dann, wenn sie unter einer bestimmten Krankheit leiden . "Bei einer Krebserkrankung, bei der die Patientin durch eine Chemotherapie Eizellen Reserven verlieren wird, bei Endometriose oder bestimmten Schilddrüsenerkrankungen wie Hashimoto. Das sind Gründe, wo wir ein Social Egg Freezing in Österreich legal machen dürfen. Oder aber bei Frauen, die nur eine kleine Eizellen Reserve haben", so Dr. Röthlisberger.

Blurred image background

Dr. Maria Röthlisberger | FA für Gynäkologie und Geburtshilfe

 © Elke Mayr

Das Einfrieren von Eizellen ohne medizinischen Grund ist in Österreich verboten

In Deutschland, Tschechien, Spanien und Großbritannien ist Social Egg Freezing erlaubt. In Österreich gelten dagegen gesetzliche Einschränkungen. Eizellen dürfen nur dann entnommen und eingelagert werden, wenn die Gefahr besteht, dass aufgrund eines körperlichen Leidens oder einer Therapie, die Fortpflanzungsfähigkeit verloren geht.

Unsere Expertin Dr. Röthlisberger klärt uns über die rechtliche Lage in Österreich auf:
"Es ist so, dass wir Social Egg Freezing nur machen dürfen, wenn es einen Grund dafür gibt, dass die Eizellenreserve in nächster Zeit abnehmen wird. Beispielsweise bei einer Krebserkrankung, bei der die Patientin durch eine Chemotherapie Eizellen Reserven verlieren wird".

Ist es auch ohne medizinischen Grund möglich?

Die Vor- und Nachbetreuung ist in der Wunschkind Klinik möglich."Wir erklären den Patientinnen, dass es in Österreich ohne medizinischen Grund nicht möglich ist, beraten und informieren sie aber gerne. Im umliegenden Ausland ist es rechtlich möglich. Wir begleiten die Frauen dann auf ihrem Weg und machen beispielsweise die nötigen Ultraschall-Kontrollen", so Dr. Röthlisberger.

Eizellen einfrieren: Wie funktioniert das?

Das Einfrieren von Eizellen ist eine Methode, um die Fruchtbarkeit einer Frau zu erhalten, damit sie zu einem späteren Zeitpunkt versuchen kann, Kinder zu bekommen. Aber wie genau läuft es ab, wenn man sich dazu entscheidet, die eigenen Eizellen einfrieren zu lassen? Das haben wir uns vor Ort angeschaut.

Blurred image background

Vorbesprechung

 © Elke Mayr

Der Prozess vom ersten Beratungsgespräch bis hin zur Eizellen Entnahme beträgt ungefähr einen Monat.

Vorgespräch

In dem Gespräch wird die Patientin aufgeklärt und mögliche Fragen können beantwortet werden. Nach dem Gespräch hat die Patientin dann zwei Wochen Bedenkzeit. Wenn sie möchte, kann sie mit der nächsten Regelblutung starten.

Untersuchungen

Nach dem Erstgespräch werden alle notwendigen gynäkologischen Untersuchungen durchgeführt. Auf Basis der Untersuchungsergebnisse plant die Klinik gemeinsam mit der Patientin die nächsten Schritte.

Blurred image background

Gynäkologische Untersuchung

 © Elke Mayr

Vorbereitung der Eizellen

Um die Eizellen bestmöglich auf die Entnahme vorzubereiten, müssen vorher Hormone gespritzt werden, diese gibt es nicht als Tabletten. Man startet mit der Regelblutung, ab dem 2. oder 3. Tag und spritzt dann durchschnittlich für 10 Tage.

Punktion: Entnahme der reifen Eizellen

Nach den 10 Tagen sollten die Eibläschen groß genug sein. "Wir machen einen vaginalen Ultraschall, bei dem wir schauen, wo die Eierstöcke sind. Für den Schritt der Entnahme wenden wir in den meisten Fällen eine kurze Narkose an. Ohne wäre es schon etwas unangenehm. Es gibt aber auch Frauen, die es ohne Narkose machen", erklärt Dr. Röthlisberger.

"Mit einer dünnen Nadel kann man dann direkt durch die Vaginalwand in den Eierstock hindurch gehen und die Eibläschen heraussaugen. Die Eibläschen sind im Ultraschall gut zu erkennen, dort sticht man hinein, saugt sie leer und in dieser Flüssigkeit sollte dann die reife Eizelle sitzen."

Nach der Entnahme kommen die Eizellen direkt ins Labor. Die Biologin schaut sich unter dem Mikroskop an, wie viele Eizellen vorhanden sind. Diese werden dann für ca. drei Stunden in einem Wärmeschrank inkubiert. Die reifen Eizellen werden dann direkt eingefroren.

Blurred image background

Untersuchung der Eizellen unter dem Mikroskop

 © Elke Mayr

Einfrieren der Eizellen

In sogenannten Kryo-Tanks, die mit flüssigem Stickstoff gefüllt sind, werden die Eizellen bei einer Lagerungstemperatur von -196 Grad eingefroren. Dort können die Eizellen so lange lagern, bis sie zum gewünschten Zeitpunkt wieder aufgetaut werden sollen.

Die Qualität der Eizellen nimmt beim Einfrieren nicht ab. Eine genetisch intakte Eizelle ist nach dem Auftauen genauso intakt.

Dr. Maria RöthlisbergerÄrztin
Blurred image background

Einfrieren der Eizellen

 © Elke Mayr

Wie viele Eizellen benötigt man, für eine Chance auf eine Schwangerschaft ?

Dr. Maria Röthlisberger erklärt uns im Gespräch, dass eine größere Anzahl an Eizellen benötigt wird. "15-20 Eizellen, wenn man unter 35 ist. Je älter man wird, desto größer wird die Anzahl an Eizellen, die man braucht." Wenn die Frau zum Beispiel 40 wäre, bräuchte man bereits 40 Eizellen, damit eine 80 % Chance bestehe, eine Schwangerschaft zu erreichen. Bedeutet also: Je jünger man ist, desto besser.

Social Egg Freezing: Wie hoch stehen die Erfolgschancen?

Jede Frau hat von Geburt an eine bestimmte Anzahl an Eizellen, die mit zunehmenden Alter abnimmt. Auch wenn die Fruchtbarkeit einer Frau von vielen Faktoren beeinflusst wird, wie etwa die Spermien des Partners, die Eileiter, aber auch die Qualität der Eizellen - die besten Erfolgsaussichten bestehen, wenn die Eizellen vor dem 35. Lebensjahr entnommen werden.

60 bis 85 Prozent aller Frauen, die tiefgefrorene Eizellen für eine künstliche Befruchtung einsetzen, werden schwanger. Garantie gibt es allerdings keine. Durch Ultraschall Untersuchungen kann vorher ungefähr abgeschätzt werden, wie hoch die Eizellen Reserve ist. "Das Anti-Müller-Hormon ist ein Blutwert, der verrät wie hoch die Eizellen Reserve beispielsweise in fünf Jahren ist. Dieser Langzeitwert kann auch dabei helfen zu bestimmen, welche Hormondosis erforderlich ist, um auf die gewünschte Eizellen Zahl zu kommen", erklärt Dr. Röthlisberger.

Es besteht keine Garantie, wenn man seine Eizellen einfrieren lässt, dann auch wirklich ein Kind zu bekommen.

Dr. Maria RöthlisbergerÄrztin

Was sind potenzielle Risiken?

Bei der Eizellen-Entnahme gibt es Risiken, die auch jede andere Operation bergen würde. Zum Beispiel das Risiko einer Blutung, einer Infektion oder einer Verletzung der Darmblase oder der Harnleiter.

"Zum Glück sind die Risiken aber sehr gering, sie liegen etwa unter 1 zu 1000", so Dr. Röthlisberger. In der Wunschkind Klinik Dr. Brunbauer arbeiten die Ärzte und Ärztinnen ultraschallgesteuert und können so genau schauen, wo der Eierstock liegt.

Wie teuer ist das Eizellen einfrieren?

In der besagten Wunschkindklinik liegen die Kosten pro Versuch bei ca. 4.000 Euro. "Normalerweise wird ein Versuch bei einer guten Eizellen Reserve nicht ausreichen. Wir schätzen, dass wir 10 Eizellen pro Versuch bekommen können. Wenn wir sagen, 20 sind die Wunschzahl, brauchen wir schon 2 Versuche", so Dr. Röthlisberger. Natürlich gibt es auch Frauen, die eine schlechte Eizellen Reserve haben. Dann benötigt man vielleicht 4-5 Versuche, um auf die Wunschzahl zu kommen.

Blurred image background

Dr. Maria Röthlisberger und WOMAN Redakteurin Julia Knichel

 © Elke Mayr

Kind oder Karriere: Sollte ein gesellschaftliches Problem auf die Medizin übertragen werden?

"Also am fruchtbarsten sind Frauen im Alter von 20-30, dann müsstest du jetzt bald auch mal anfangen". Druck aus der Familie oder dem Bekanntenkreis. Aber auch geschlechtsspezifische Diskriminierung, wie etwa bei Bewerbungsgesprächen, findet immer noch statt. Kind und Karriere? Oft ist für Frauen beides leider nicht möglich - oder eben einfach nur sehr schwer.

"Ich glaube für Frauen ist es wichtig, dass die Option offen steht es zu machen. Natürlich ist es wünschenswert und jede von uns weiß, wie wichtig es ist, dass mehr Kinderbetreuungsmöglichkeiten geschaffen werden und Frauen geholfen wird, um auch Vollzeit arbeiten zu können. Das ist ein wichtiges Problem und gehört angegangen. Unabhängig davon, sehe ich die Möglichkeit des Social Egg Freezings als wichtigen Punkt, auch in der Autonomie der Frau", sagt Dr. Röthlisberger.

Eizellen einfrieren: WOMAN-Fazit

Ich war das erste Mal in einer Kinderwunschklinik und habe mich ehrlich gesagt vorher noch nicht mit dem Thema "Eizellen einfrieren" beschäftigt. Frauen die Möglichkeit zu geben, selbstbestimmt mit dem eigenen Kinderwunsch umzugehen ‌und den Druck, (biologisch und gesellschaftlich) herauszunehmen, finde ich gut. Es eröffnet neue Möglichkeiten, Familienplanung mit persönlichen Zielen und individuellen Umständen in Einklang zu bringen oder bestimmte Bildungsziele zu verfolgen.

Es muss jedoch gesagt werden, dass es leider nur gut situierten Frauen möglich ist, den Kinderwunsch auf "später zu verschieben". Die Kosten sind immens hoch und aktuell sowohl aus medizinischen Gründen, als auch aus Gründung der individuellen Familienplanung in Österreich auf voller Selbstzahler-Basis.

Für die spannenden Einblicke möchten wir an das Team der Wunschkind Klinik Dr. Brunbauer einen großen Dank aussprechen.

Im Idealfall sollten die Eizellen vor dem 35. Lebensjahr eingefroren werden.

Dr. Maria RöthlisbergerÄrztin

Unsere Expertin:

Dr. Maria Röthlisberger | Stellvertretung der ärztlichen Leitung | FA für Gynäkologie und Geburtshilfe | IVF-Expertin | ÖGUM Stufe II.

Bereits im Rahmen ihrer Facharztausbildung hat Dr. Maria Röthlisberger drei Jahre im Bereich der Reproduktionsmedizin gearbeitet. Seit 2018 arbeitet sie Vollzeit im Bereich der Reproduktionsmedizin und seit Juli 2020 als stellvertretende ärztliche Leiterin bei Wunschkind.

Blurred image background
Schwangerschaft

Über die Autor:innen

Logo
-20% auf das WOMAN-Abo

Hol' dir WOMAN im Jahresabo und spare -20%