War Meteorologie früher nicht wirklich eines ihrer Hauptinteressen, kann sich Proschat Madani inzwischen für Wetter-Vorhersagen begeistern. Grund ist eine neue Serie, in der die Schauspielerin zum Oberwetterfrosch mutiert. Was sonst noch im Leben der 50-Jährigen zählt, wer der Mann an ihrer Seite ist und warum Menschen nicht von grundauf gut sind, erzählt sie hier. Heiter ist sie, die allgemeine Wetterlage. Beruflich wie privat. Denn während Proschat Madani mit ihrer Figur Tina in den ersten Folgen der neuen "Vorstadtweiber"-Staffel pausiert, hat sie für eine neue Serie den Sonnenschein gepachtet. In "Walking on Sunshine" - die Dreharbeiten laufen gerade -gibt sie die Leiterin der ORF-Wetterstation, die einen ehemaligen Nachrichten-Anchor (Robert Palfrader) als neuen Mitarbeiter bekommt.
2019 soll die zehnteilige Dramedy-Serie mit meteorologischen und menschlichen Höhen und Tiefen dann über die Bildschirme flattern. Schon um einiges früher, ab 14. August, agiert Proschat Madani, 50, in den neuen Folgen von "CopStories" wieder als Integrations-Bezirksrätin. Wir trafen die Schauspielerin im Wiener Palmenhaus bei leicht bewölktem Himmel, was der guten Gesprächsstimmung keinen Abbruch tat. Nur einige der spannenden Talk-Themen: die toughe Mama der gebürtigen Iranerin, die Bedeutung von Achtsamkeit und der Mann an ihrer Seite, Regisseur Harald Sicheritz. Na ja, und das Wetter natürlich auch!
Und? Sind Sie schon ein Wetterprofi?
Madani: (lacht) Und wie! Früher habe ich mir kaum Wetterberichte angesehen. Dementsprechend war ich auch immer falsch angezogen. Seit dem Dreh für "Walking on Sunshine" habe ich ein ganz anderes Interesse an diesen Sendungen, bin gut informiert und - fast -auf jedes Wetter vorbereitet.
Wir haben unser letztes Interview vor fünf Jahren gemacht. Die Zeit vergeht! Seither hat sich bei Ihnen einiges getan.
Madani: Ja genau. Beruflich gesehen die "Vorstadtweiber" und "CopStories", und jetzt drehe ich eben gerade die neue Wetter-Serie. Sehr lustig!
Dafür müssen die Vorstadtweiber fünf Folgen lang auf die Tina verzichten, die eiskalte, berechnende Anwältin, die Sie spielen. Können Sie sich auch privat irgendwo in dieser Rolle wiederfinden?
Madani: Nein. Ich gehe genau ins andere Extrem. Mein Glück ist leider immer sehr davon abhängig, dass es allen anderen, die ich liebe, gut geht. Und das ist ein ganz schlechtes Rezept. Denn es geht meistens nie allen gut. Und dem anderen sein Unglück immer abnehmen zu wollen, nur weil man's selber nicht aushält, ist auch eine Art von Egoismus. Man sollte ihm lieber zutrauen, dass er mit seinem Schicksal umzugehen weiß. In diesem Sinne würde es den meisten von uns Frauen nicht schaden, so ein bissl was von der Tina zu haben. Mehr auf sich selbst zu schaun und nicht nur auf die anderen
Sie arbeiten dran?
Madani: (lacht) Mit mäßigem Erfolg!
Was hat sich noch geändert? Sind Sie ganz von Berlin nach Wien gezogen?
Madani: Nein. Ich pendle nach wie vor. Aber ich habe mir jetzt eine kleine Wohnung in Wien genommen. Früher hab ich immer im Hotel meiner Mutter gewohnt. Seit letztem September hat sie es verpachtet.
... und ist in den wohlverdienten Ruhestand getreten?
Madani: Nicht ganz! Sie arbeitet noch immer im Baugeschäft. Jetzt ist sie 80 und sagt: "Wow, ich würde gern 300 werden. Es gibt so vieles, das ich nicht erlebt habe und gern machen würde." Was ich großartig finde, ist, dass sie jetzt mit Yoga & Meditation angefangen hat. Sie hat diese Seelenklugheit, zu wissen: Ich kann nicht alles auf holen was ich versäumt habe, aber ich kann für mich Ruhe finden. Nicht so sehr im Außen als im Innen. Ich kann in mich selbst hineinreisen und die unbekannten Landschaften in mir entdecken.
Ihre Mutter ist ja eine ganz besonders toughe Frau. Sie ist seinerzeit mit vier kleinen Kindern aus dem Iran emigriert, erst nach Amerika, dann nach Österreich.
Madani: Ja, sie ist ein Ausnahmefall! Sie kam nach Österreich, ohne ein Wort Deutsch zu können, und hat hier was Großartiges aufgebaut.
In Amerika konnten Sie nicht bleiben...
Madani: Nein, denn unsere Visumverlängerung war von meinem Vater abhängig. Er hatte als Arzt einen Job in einem Spital in Kalifornien angeboten bekommen. Wir Kinder sollten ja in Amerika studieren. Meine Mutter war mit uns vieren schon vorausgeflogen. Aber mein Vater kam dann doch nicht, wie ausgemacht, aus dem Iran nach.
Ein einschneidendes Erlebnis, oder?
Madani: Ein nicht existenter Vater ist ein sehr dominanter Vater. Weil er zwar im Leben präsent ist, aber nicht greif bar, und das macht es manchmal sehr schwer. Es war ein langer Prozess, zu kapieren, dass das halt so ist. Dass jeder sein Schicksal hat. Und meines ist, dass mein Vater auf seine Familie verzichtet hat.
Haben Sie ihm vergeben?
Madani: Ja, ich hab ihn im Iran besucht, als er im Sterben lag. Heute weiß ich auch, dass es letztendlich für uns alle gut war, dass meine Eltern nicht zusammengeblieben sind. Dadurch konnte meine Mutter sich ganz anders verwirklichen, und er wäre im Ausland nur unglücklich geworden. Das Problem ist, dass man oft denkt: Wäre es nur anders gelaufen! Und man stellt sich dieses "anders" immer superpositiv vor. Aber das ist ja nur eine Möglichkeit von vielen, die womöglich schlechter wären.
Ein nicht anwesender Vater prägt seine Töchter in Richtung Männerbild ganz bestimmt. Wie war das für Sie?
Madani: Ja, ich hatte diese innere Haltung, dass es gefährlich ist, sich einzulassen. Ich kann aber trotzdem über die Männer in meinem Leben nur Gutes berichten Ich habe keine A löcher angezogen. Es gibt ja auch Frauen, die das mögen. Die bad boys. Ich hab das nie verstanden. Ich will, dass jemand gut zu mir ist und nicht schlecht.
Beim letzten Interview waren Sie gerade Single, inzwischen sind Sie verliebt. Aber damals meinten Sie doch, dass allein zu leben großartig wäre.
Madani: Das finde ich nach wie vor. Ich wundere mich auch manchmal, wie stark die Einstellung bei vielen ausgeprägt ist, dass man nur in einer Partnerschaft eine Existenzberechtigung hat. Dadurch werden Beziehungen aufrechterhalten, die tausendmal schlimmer sind als das Alleinsein. Mit sich zu sein und all diese Freiräume zu haben, birgt doch unglaublich viele Qualitäten. Gibt es jemanden, mit dem man glücklich ist, sich geborgen fühlt und mit dem man sein Leben teilen kann, ist das natürlich großartig. Aber eine Partnerschaft funktioniert doch am besten, wenn jeder für sich sein kann. Dann kann man ehrlich sagen: Ich könnte allein sein, aber mit dir ist es noch viel schöner. Das ist wunderbar.
Das haben Sie jetzt. Wie lange schon?
Madani: Seit vier Jahren.
Das ist gar nicht so an die Öffentlichkeit gedrungen!
Madani: Nein. Wir sind beide nicht so interessiert, auf Seitenblicke-Feste zu gehen, und sind beide diskret, was unser Privatleben anbelangt.
Und Sie wollten trotzdem Ihre eigene Wohnung?
Madani: Ja, denn es muss immer alles ganz freiwillig sein, wenn man zusammen sein möchte. Und ohne eigene Wohnung ist das schwierig.
Jemanden kennenzulernen, ist das Bestimmung oder Zufall?
Madani: Zufall. Ich glaube nicht, dass das Universum nichts Besseres zu tun hat, als sich zu überlegen, wen ich kennenlernen soll. Aber es hat schon mit dem zu tun, was wir ausstrahlen. Wenn man so Granttage hat, kann es sein, dass man den wunderbarsten Mann gar nicht sieht, wenn er vorbeigeht.
Ihre Wurzeln liegen im Iran. Wie sehen Sie die immer dramatischer werdende Flüchtlingsproblematik?
Madani: Heute passieren Dinge, die vor nicht allzu langer Zeit undenkbar gewesen wären. Ein Schiff mit Menschen am offenen Meer -und man sagt, ihr müsst 's dort bleiben, wir wollen euch nicht. Man gewöhnt sich leider so schnell auch an das Schreckliche. Da muss man sich immer wieder zwicken und sagen: Da passiert etwas unfassbar Unmenschliches. Wir können uns, denke ich, nicht darauf verlassen, dass der Mensch von grundauf anständig und gut ist. Ich glaube, das ist eher eine Zivilisationsleistung. Das bestätigt sich schon bei einem längeren Stromausfall in einer Stadt. Was da für kriminelle Energien und Grausamkeiten an die Oberfläche kommen. Die Grenze zwischen Gut und Böse ist sehr filigran. Ich bin jemand, der ohne Krieg in seinem Umfeld aufgewachsen ist. Das ist ein unglaubliches Geschenk, nicht selbstverständlich. Ich wünsche mir sehr, dass es noch lange so bleibt.
Was kann der Einzelne machen?
Madani: Eine Geisteshaltung kultivieren, die von Achtsamkeit geprägt ist. Sich ganz bewusst mit seinen eigenen Abgründen und der eigenen Wurschtigkeit auseinandersetzen. Nie glauben, dass man die Wahrheit gepachtet hat.
Achtsam sein und dankbar sein, sind das für Sie Rezepte für ein gutes Leben?
Madani: Ja. Ich habe mit meiner Schwester gerade einen achtwöchigen Achtsamkeitskurs gemacht. Nach Jon Kabat- Zinn. Was ich gelernt habe, ist vor allem: Wir wissen, wir sollten im Hier & Jetzt leben. Hören wir ja dauernd. Aber wir glauben immer, dass das mit Genuss in Verbindung stehen muss. Aber ich sollte auch im Hier &Jetzt sein, wenn nichts Besonderes passiert. Wenn der Moment gerade nicht wahnsinnig sexy ist und ich mir lieber vorstellen würde, an einem Superstrand zu liegen. Aber gerade dann im Hier & Jetzt zu bleiben, ist die hohe Kunst. Denn das Leben findet nur dort statt und nicht in meiner Vorstellung. Das zu lernen, ist ein ziemlich direkter Weg in ein gelasseneres Leben.