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Waise: Wie ist es, als Waisenkind aufzuwachsen?

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Waise: Ein trauriges Waisenkind sitzt am Boden.

Wie ist es, als Waisenkind aufzuwachsen?

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Eine Familie bietet Sicherheit, Zugehörigkeit und Nähe. Doch was passiert, wenn ein Kind ein oder beide Elternteile verliert? In diesem Artikel erfährst du, wie es ist, als Waise aufzuwachsen.

Unsere Familie bietet uns Sicherheit, Zugehörigkeit und Nähe. Die Kindheit bestimmt in großem Maße unser Leben. Die Liebe der Eltern und die des sozialen Umfelds sind essenziell, um unbeschwert aufwachsen zu können.

Doch was passiert, wenn ein Kind ein oder beide Elternteile verliert? Wie ist es möglich mit so einem schweren Schicksalsschlag weiterzuleben? Wir erklären dir, wer sich in Österreich um Waisenkinder kümmert. Dipl.-Psych. Petra Stähler-Klein, psychologische Psychotherapeutin und Psychoanalytikerin, erklärt uns, wie wichtig eine psychologische Betreuung (insbesondere für Kinder) ist, um den Tod eines Elternteils verarbeiten zu können.

Was genau sind Waisen(kinder)?

Als Waisenkind wird ein Kind bezeichnet, welches einen oder beide Elternteile verloren hat. Man unterscheidet zwischen Voll- und Halbwaisen. Kinder, die beispielsweise nur noch ein Elternteil haben und in der Regel bei dem verbliebenen Elternteil leben, nennt man Halbwaisen. Für Vollwaisen hingegen wird versucht, ein neues Zuhause zu finden. Laut Schätzungen des Kinderhilfswerks Unicef gibt es weltweit etwa 140 Millionen Waisenkinder, die ohne elterliche Betreuung aufwachsen.

Wie werden Kinder zu Halb- bzw. Vollwaisen?

Häufig sind schwere Schicksalsschläge wie Tod, Krankheit, Krieg oder Naturkatastrophen der Grund dafür, dass Kinder zu Waisen werden. Viele Kinder und Jugendliche kommen zudem aus stark zerrütteten Familienverhältnissen, in denen sie keine Fürsorge erfahren.

Wer kümmert sich um Vollwaisen?

Wenn es kein Elternteil mehr gibt, welches das Kind versorgen kann, bietet der Staat Unterstützung, indem zunächst ein Vormund gesucht wird. Dieser kümmert sich um die Rechte des Kindes und kann entweder vom Jugendamt gestellt werden oder aber auch eine Privatperson sein.

In der Regel wird das Kind mit Hilfe des Vormundes erst einmal bei einer Pflegefamilie untergebracht, von der Vollwaisen später auch adoptiert werden (können). Das Aufwachsen in einer Pflegefamilie stellt meistens eine Alternative zur Erziehung in einem Kinderheim oder Jugendwohngemeinschaften dar.

Wenn minderjährige Kinder beide Elternteile verlieren, obliegt die Entscheidung über das Sorgerecht einem Familiengericht. Eltern können aber auch im Vorhinein eine Sorgerechtsverfügung aufsetzen. Das Familiengericht muss sich bei der Entscheidung über die Sorgerechtsvergabe dann an den Wünschen der Eltern orientieren.

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Was bedeutet es, ein Waisenkind zu sein?

 © iStock

Waisenkinder: Wie wird ihnen (in Österreich) geholfen?

Die Gesellschaft Österreichischer Kinderdörfer (OSGS) arbeitet seit 1958 für die Betreuung und Integration von Waisen und Sozialwaisen in Österreich. Rund 300 Kinder und Jugendliche leben in der Einrichtung. Einige bleiben nur für ein paar Monate, andere hingegen wachsen dort auf. Durch die schützende und geborgene Atmosphäre sowie unterschiedlichen Therapieansätze wie zum Beispiel Kunsttherapie oder Traumatherapie wird ihnen die Chance auf eine positive, glückliche und gefestigte Zukunft gegeben.

Im SOS-Kinderdorf werden die Kinder bis zu ihrem 18. Lebensjahr finanziell von der Jugendhilfe unterstützt. In dieser Zeit wird beispielsweise auch versucht, Geld für eine Kaution für die erste eigene Wohnung zurückzulegen. Ohne den finanziellen Rückhalt aus dem Elternhaus ist es nämlich gar nicht so einfach, die verschiedensten Lebensabschnitte zu bestreiten.

Wie kann ein Kind den Tod der Eltern verarbeiten?

Heranwachsende, die mit dem Verlust eines Elternteils leben lernen müssen, tragen eine große Bürde mit sich. Kinder reagieren sehr unterschiedlich auf den Verlust der Eltern oder eines Elternteils, daher sollte die psychologische Behandlung individuell gestaltet werden.

Damit ein Kind den Tod der Eltern oder eines Elternteils verarbeiten kann und die psychische Entwicklung so normal wie möglich abläuft, gibt es in der Psychologie unterschiedliche Ansätze.

Dipl.-Psych. Petra Stähler-Klein, psychologische Psychotherapeutin und Psychoanalytikerin, spricht mit uns im Rahmen der Trauerarbeit über das Vier-Phasen-Modell von Verena Kast. Es hilft dabei, Trauernde zu verstehen, welche Gefühle der Tod einer wichtigen Bezugsperson in den Angehörigen auslösen kann und wie wir es verarbeiten.

  1. Phase des Nicht-Wahrhaben-Wollens

  2. Phase der aufbrechenden Emotionen aus Wut, Angst und Zorn

  3. Phase des Versuches, die unausweichliche Veränderung anzunehmen

  4. Phase neuer Welt Bezug und Akzeptanz finden

Die Expertin erklärt zudem, dass Kinder anders trauern als Erwachsene. Gerade im jungen Alter haben sie keine Vorstellung vom Tod und können diesen daher nur schwer akzeptieren. Nicht selten kommt es vor, dass sie die Schuld für den Tod eines Elternteils bei sich suchen.

"Aber ich habe doch immer meinen Teller aufgegessen, wieso ist meine Mama denn nicht mehr da?" Hier gilt es zu schauen: Welche Verarbeitungsmöglichkeiten besitzt das Kind? Sie haben zudem ein extremes Verlangen, in Räumen zu sein, die sie mit den Eltern verbinden. So möchten sie die alte Welt aufrechterhalten.

Der Tiefenpsychologe Sigmund Freud sagte schon: das Gefühlschaos muss durchlebt werden. Es ist wichtig für alle, dass dieses zugelassen wird. Wenn dies nicht geschieht, können sich aus der Trauer Ängste, Schlafstörungen, Essstörungen oder Entwicklungsprobleme bilden.

Wissenschaftler der Aarhus University in Dänemark haben in einer Studie mit 7,3 Millionen Kindern herausgefunden, dass bei Waisenkindern, die vor ihrem 18. Lebensjahr ein Elternteil verlieren, ein deutlich erhöhtes Suizidrisiko besteht.

Auch das soziale Umfeld von Waisenkindern spielt eine wichtige Rolle. Gibt es beispielsweise Großeltern, die das Kind auffangen können und mit denen das Kind die Möglichkeit hat, emotionale Beziehungen weiterzuführen? Ansonsten können (unbewusste) Bindungsstörungen aus der Trauer heraus entstehen. Die bekannten Bindungsforscher Bowlby und Aworth nennen 3 Klassen von Bindungsstörungen:

  1. Sicher gebundene Kinder: Kann zu einer "normalen" Trauer führen. Sie trauern immer wieder.

  2. Ambivalent, unsicher gebunden: Kann zu einer chronischen Trauer führen.

  3. Vermeidungsgebunden: Diese Kinder kommen dann oft zur Therapie. Sie trauern nicht richtig und zeigen somatische Reaktionen (zum Beispiel Herzrasen).

Aus diesen Gründen ist eine psychologische Betreuung für Waisenkinder sehr wichtig. Gemeinsam können so die Herausforderungen des Lebens bewältigt werden.

Was ist das für ein Gefühl, ohne Eltern aufzuwachsen?

Eine junge Frau hat mit uns ihrer persönlichen Erfahrungen geteilt, als sie im Alter von 16 Jahren ihre Mutter verloren hat. Sie möchte in diesem Artikel anonym bleiben. Auf die Frage, was das für ein Gefühl ist, ohne Eltern aufzuwachsen, antwortet sie: "Man realisiert es eigentlich nie."

Ständig fehlt ein Gefühl von Nähe und Geborgenheit. "Ganz am Anfang kamen mir Fragen wie: 'Wie schaffe ich es, ohne meine Mutter weiterzuleben?' Auch die Schulzeit stellte eine große Herausforderung für mich dar. Nichts machte mehr Sinn. Wenn etwas schief läuft, sagen wir uns oft: Es hat schon alles seine Gründe. Aber was genau hat es für einen Grund, ohne Mutter aufzuwachsen? Weihnachten und ihr Geburtstag sind besonders schlimme Tage."

Unterstützungsmöglichkeiten für Waisenkinder

  • Spenden: Sachspenden sowie Geldspenden. Auch wenn Waisenkinder in Österreich eine Waisenpension erhalten, die eine soziale Absicherung garantieren soll, sind sie finanziell häufig auf Spenden angewiesen.

  • Patenschaften übernehmen

  • Adoptionen

  • Familientherapie: Es muss keiner allein sein. Diese bieten spezielle Unterstützung für die hinterbliebene Familienmitglieder.

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