In einer perfekten Welt heißt es nicht: "Über Geld spricht man nicht", sondern: "Und, wie schaut es auf deinem Konto so aus?" Ungewohnter Gedanke! Ja, aber ganz ehrlich: Wäre es nicht wünschenswert, wenn Menschen untereinander Finanztipps austauschen, so mehr Expertise und damit auch ein selbstbestimmteres Leben haben könnten? Wer also plant finanziell gemeinsame Sache zu machen, sollte unbedingt offen über Finanzielles reden …
"Finanz-Gespräche fallen vielen nicht leicht. Aber in einer Beziehung gehören sie dazu.", sagt Alexandra Wolk. Die Finanzexpertin ist CFO von "Three Coins" und setzt sich mit dem Sozialunternehmen für Chancengleichheit und mehr Kompetenz in Sache Geld ein. Für uns hat sie die vier wichtigsten Aspekte zusammengefasst, die Paare beim Zusammenlegen ihrer Finanzen beachten sollen:
Step 1: Offenen Umgang schaffen
"Man muss ja nicht gleich sagen, wie viel Geld man auf dem Konto hat. Viel wichtiger ist eine offene Gesprächskultur und der Austausch über persönliche Einstellungen und Prioritäten", so die Expertin. Vor dem Thema scheuen sollte man sich aber nicht. Für ein erstes Gespräch, empfiehlt sie folgende Fragen:
- Was ist dir beim Umgang mit Geld wichtig?
- Was würdest du tun, wenn du ein unendliches Budget hättest?
- Und was wäre, wenn du alles verlierst? Welche Dinge sind dir trotzdem wichtig?
- Wie ist deine Familie mit Geld umgegangen?
"Zu verstehen, wie mein Gegenüber in diesem Bereich tickt, ist die Basis für einen offenen Umgang", so Wolk. Um späteren Streitherden oder Missverständnissen vorzubeugen, solle man auf jeden Fall auch die Biographie des anderen kennen: "Ist mein Partner zum Beispiel in einem verschuldeten Elternhaus aufgewachsen, erklärt das seine Abneigung gegen risikoreiche Kredite."
Step 2: Gemeinsame Basis aufbauen
"Ich empfehle jedem Paar, einen fixen Tag im Monat oder im Quartal zur Geldbesprechung auszumachen. Bei einem Stück Kuchen oder Glas Wein geht man die Finanzen durch, bespricht Änderungen und individuelle Wünsche", rät Wolk. Spätestens, wenn man zusammenzieht, müsse es den ersten "Termin" geben: "Am besten alle Karten offen auf den Tisch legen. Je öfter man das macht, desto besser blickt man durch und desto leichter geht es mit der Zeit."
Geteiltes Wohnen bedeutet geteilte Fixkosten – aber trifft das auch auf Schulden, Erspartes und Einnahmen zu? Sollte man für eine bessere Übersichtlichkeit lieber gleich auf ein gemeinsames Konto umsteigen? Die Finanzexpertin rät ab und plädiert für das sogenannte "3-Konten-Modell". Dabei behalten beide PartnerInnen ihr persönliches Konto und legen ein zusätzliches, drittes, Konto für Fixkosten an. Darunter fallen (je nach Bedarf):
- Miete
- Versicherungen
- Strom
- Lebensmittel
- Telefon, Internet, TV & Streaming
- Auto
Laut Alexandra Wolk gibt es zwei Methoden, das Modell zu leben: "Entweder man zahlt alle Einnahmen auf das gemeinsame Konto ein und nimmt sich ein besprochenes 'Taschengeld' herunter. Oder man gibt einen ausgemachten Betrag auf das Gemeinschaftskonto und behält den Rest bei sich." Muss es immer Fifty-Fifty sein? "Nein! Wichtig ist, dass sich beide mit der Lösung wohlfühlen."
Step 3: Finanzielle Unabhängigkeit bewahren
"Finanzielle Unabhängigkeit ist das A und das O", so Wolk. Es sei also genauso wichtig, über notwendige Fixkosten zu sprechen, als auch über individuelle Bedürfnisse: "Hobbys und Interessen sollen nicht zu kurz kommen. Deshalb ist es gut, auch das 'Spaßgeld' in den Berechnungen zu berücksichtigen."
Wenn es um die Alters- und Pensionsvorsorge geht, rät die Expertin vor allem den Frauen, sich selbst darum zu kümmern: "Oftmals tendieren Frauen dazu, die finanzielle Planung an den Mann abzugeben, weil sie das Gefühl haben, er kenne sich besser damit aus. Aber es ist immer besser, die Dinge selbst in der Hand zu haben."
Dies gilt laut der Expertin auch für den Notgroschen: "Für den Notfall sollte man drei Monatseinnahmen auf der Seite haben. Und zwar am privaten Konto." Bestehen darüber hinaus Ressourcen, steht auch einem gemeinsamen Sparbuch nichts im Weg: "Am besten macht man sich konkrete Sparziele aus, die man in einem gewissen zeitlichen Rahmen einhält."
Step 4: (Inoffizielle) Verträge aufsetzen
Läuft in einer Beziehung alles rund, möchte man sich am liebsten gar nicht mit dem Thema Trennung befassen. Doch Alexandra Wolk weiß, dass bei großen Anschaffungen immer der Fall der Fälle berücksichtigt werden sollte – vor allem, wenn nicht beide gleich viel Geld investiert haben: "Kauft man sich zum Beispiel ein gemeinsames Auto, sollte man schriftlich festhalten, wer wie viel gezahlt hat und was mit dem Wagen und den Kosten passiert, wenn man nicht mehr zusammen ist." Dieser Vertrag müsse auch nicht von offizieller Seite geprüft werden. Es gehe lediglich darum, einen Anhaltspunkt festzulegen, an dem man sich nach einer Trennung halten kann.
Wichtig ist letztlich für uns Frauen, finanziell auf eigenen Beinen zu stehen – das kann uns niemand nehmen. Weder in guten noch in schlechten Zeiten.