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Wie Meditation in Bewegung funktioniert

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15 min
Frau mit geschlossenen Augen

©iStock/pixdeluxe
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Muss man beim Meditieren immer still sitzen? Nein, meint Coachin und Bestsellerautorin Nita Sweeney. Die Idee: Kombinieren wir doch Meditation mal mit Bewegung. Wir können uns beim Sport auch gleich in Achtsamkeit üben. Ein Gewinn für die körperliche und seelische Fitness, so die Expertin, die dafür gute Argumente hat.

Wenn dir deine Freundin begeistert von ihrer Meditationseinheit erzählt, wirst du immer ein bisschen neidisch? Das könntest du auch so gut brauchen - die Entspannung, die Gelassenheit, geistige Klarheit, das gesteigerte Bewusstsein für den Moment? Aber wo bitte die Zeit dafür hernehmen? Du hast es gerade mal irgendwie geschafft, regelmäßige Laufeinheiten in den Alltag zu integrieren, aber "Stopp!", würde jetzt eine sagen, die eine wunderbare Idee dazu hat. "Verbinde die Bewegung doch einfach mit der Meditation." Ob Laufen, Gehen, Schwimmen, Tanzen, Ballwerfen oder Eislaufen - Bestsellerautorin Nita Sweeney, die selbst seit über 25 Jahren meditiert, befürwortet jede Kombi. Und nach der Lektüre ihres Buches "Make Every Move a Meditation" wissen wir, wie es geht, sowohl die körperliche als auch die innere Fitness nicht zu vernachlässigen.

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Die Meditationscoachin und Marathonläuferin aus Ohio (USA) zeigt, wie wir Bewegung und Achtsamkeit kombinieren. Nita Sweeney, "Make Every Move a Meditation", Goldmann, € 13,–.

 © Goldmann

Warum genau soll man sich die Mühe machen?

"Durch Meditation lernst du im Augenblick zu sein", schreibt Nita Sweeney, "und genau darauf kommt es an. Weil das Jetzt die einzige Realität ist - das einzige, was wirklich passiert. Die Zukunft hat noch nicht stattgefunden, die Vergangenheit ist vorbei. Nur im aktuellen Moment haben wir die Möglichkeit, Frieden zu finden, anderen Menschen zu vergeben, uns zu verändern, innerlich zu wachsen. Das Jetzt ist der einzige Moment, über den wir Kontrolle haben."

Diese Meditationsfähigkeiten nehmen wir in unseren Alltag mit. Sie helfen uns, den ganzen Tag über präsent zu sein. "Denn sobald du gelernt hast, während deiner körperlichen Aktivität achtsam und hellwach zu sein, wirst du auch lernen, in der gleichen bewussten Haltung eine Tasse Kaffee zu trinken, mit deinem Chef zu sprechen, dir einen Film anzuschauen oder mit deinen Lieben zu Abend zu essen." Du wirst dann nicht in Gedanken schon wieder ganz woanders sein. Um sich in Achtsamkeit zu üben, muss man eben nicht unbedingt still sitzen, wie auch schon alte buddhistische Lehren wissen. Meditation in Bewegung bietet Gesundheit gleich im körperlich-seelischen Doppelpack.

Ein Meditationsobjekt? Das ist deine geistige Stütze.

Du wählst deine Bewegungsform und ein Intervall. Sagen wir: Die ersten fünf oder zehn Minuten deiner Joggingrunde willst du meditieren. Dann bestimmst du ein sogenanntes Meditationsobjekt, also einen Punkt, auf den du dich konzentrierst. Wo du deinen Geist zur Ruhe kommen lässt. Das kann die Atmung sein, ein Körperteil, das in den Fokus rückt, oder auch das Zählen. "Zähle beim Gehen oder Laufen deine Schritte, beim Schwimmen deine Armzüge, bei Schlägersportarten die Schwünge."

Das Meditationsobjekt hat die Aufgabe, dich immer wieder zurückzuholen, wenn deine Gedanken abschweifen. Wenn du an die Einkaufsliste denken musst, den Ärger im Büro, den unerledigten Zahlschein oder überhaupt die "Sinnlosigkeit der Existenz", wie Sweeney augenzwinkernd meint, dann erinnere dich: "Ich bin gerade beim Meditieren", und hol dich selbst wieder zurück. "Aber bitte liebevoll", so die Expertin, "mach dir keinerlei Vorwürfe! Du erlernst gerade Fähigkeiten, die sich nur wenige Menschen aneignen." Gib dir die Zeit, die es braucht, und gib nicht gleich auf.

Nina Sweeney und die Sache mit dem linken Fuß ...

In ihrem linken Fuß, schreibt die Autorin, spürt sie vieles ganz besonders gut. Gefühle der Wärme, Kühle, Gewichtsverlagerungen. "Vielleicht entdeckst auch du etwas Ähnliches in deinem Körper, das deine Aufmerksamkeit auf sich zieht. Nutze das als Meditationsobjekt." Und so beschreibt es Sweeney genau: "Wenn ich laufe, nehme ich meinen Fuß wahr. Ich spüre, wie er den Boden berührt, und achte dabei auf jede Veränderung - zum Beispiel, wie er sich in meinem Schuh anfühlt. Ich spüre, ob er härter auf dem Boden aufkommt als mein rechter Fuß. Wenn meine Gedanken abschweifen, zähle ich meine Schritte. Achte ich auf alles genau, ist das überhaupt nicht langweilig." Eine Erkenntnis für alle, die Joggen als fad empfinden.

Konzentrier dich auf das Gefühl "Wasser auf der Haut".

Schwimmen, auf dem Wasser dahintreiben oder mit den Wellen auf und ab floaten, das kann schon an und für sich sehr entspannend sein. Aber du kannst es noch meditativer haben, wenn du dich auf das Gefühl des Wassers auf der Haut konzentrierst, die Muskelbewegungen beim Schwimmen bewusst wahrnimmst, den Geruch in der Luft auf dich wirken lässt. Vielleicht willst du auch lieber Tempi zählen oder dich auf deine Atemzüge fokussieren. Wichtig ist, dass du den Kopf freikriegst. So verringerst du dein Stressniveau und steigst gelassener aus dem Pool, als du hineingegangen bist.

Jede Sportart bietet dir spezielle Empfindungen!

Schwimmen, Laufen, Gehen - das leuchtet ja noch ein. Aber wie schaut es bei viel spezifischeren Sportarten mit der Bewegungsmeditation aus? In der "Shinzen Young Mindfulness Community" auf Facebook (Shinzen Young ist ein amerikanischer Meditationslehrer) tauschen sich die Mitglieder über diese Frage aus. Meditationscoach Daron Larson empfiehlt etwa, beim Gewichtheben folgende Prinzipien zu beherzigen: "Superlangsame Wiederholungen. Versuch das unangenehme Gefühl in der Mitte der Wiederholung mit Gelassenheit zu ertragen. Wenn du deine Gewichte in gleichmäßigem Tempo hebst, nimmst du wahr, wie der Muskel allmählich immer mehr ermüdet. Registriere die subtilen, angenehmen Empfindungen der Ermüdung und verstärkten Durchblutung am Ende des Trainings!" Na bitte! Oder Patrick Dement, der erzählt, wie achtsam er beim Tanzen ist: "Gewicht verlagern, einen Schritt machen, ein Bein heben, die Arme bewegen - einfach alles. Sich auf die Empfindungen einstimmen, den Fluss wahrnehmen, die Musik hören."

Die Ohren spielen auch bei Tennisspielerin Kika Cicmanec eine wichtige Rolle: "Wenn ich spiele, konzentriere ich meine Aufmerksamkeit auf das Geräusch des Balls beim Aufschlag", schreibt sie. "Dabei bleibe ich eine Zeit lang, dann verlagere ich meine Aufmerksamkeit auf das Gefühl, den Ball zu schlagen, und erst dann gehe ich dazu über, diesen zu beobachten, wie er sich dreht. So streue ich Achtsamkeits-Mikrohits in meine Trainingseinheit ein." Und last but not least kommt Suzie Loveday zu Wort, die achtsames Segeln beschreibt: "Ich spürte den Wind vorn, hinten, links und rechts an meinem Körper. Nahm wahr, was die Wellen machten - fühlte sie in meinen Füßen, Beinen und Hüften. Die Stärke der Strömung fühlte ich in meiner Hand und in der Kraft, die ich brauchte, um das Segel ruhig zu halten."

Dein Problem: Bis jetzt begeistert dich kein Sport?

Es gibt also unzählige Möglichkeiten, Bewegungsformen für die Meditation zu nutzen. Aber du hast mit Sport noch nicht wirklich Freundschaft geschlossen? Auch kein Problem, Nita Sweeney hat ein paar Tipps für dich: "Überlege, welche Bewegungsform zu dir passt. Nutze bei deinem Entscheidungsprozess alles, was du über dich weißt. Brauchst du den Wettbewerb oder spielt Leistung für dich eine wichtige Rolle? Bist du lieber in der Gruppe oder allein? Magst du intensive Aktivität oder lieber etwas Langsames, Systematisches? Brauchst du Abwechslung oder haben Bewegungen, die sich wiederholen, eine beruhigende Wirkung auf dich?" Wenn du neben der körperlichen auch die geistige Herausforderung suchst, brauchst du eine Sportart, bei der es auch auf Strategie ankommt. Dann könnte etwa Golf genau das richtige Spiel für dich sein.

Vorsicht vorm hinterlistigen inneren Schweinehund!

Während du suchst, bedenke: Dein Verstand wird sehr wohl nach der für dich optimalen Bewegungsform Ausschau halten, weil er alles mag, was leicht geht. Vielleicht sucht er in diesem Sinne aber auch nach einem Grund, dich von deinen Plänen abzuhalten. "Hinterlistiger innerer Schweinehund! Sei wachsam gegenüber jedem Gedanken, der dir einzureden versucht, dass du aus irgendeinem Grund nicht bewegungsmeditieren kannst", rät Coachin Sweeney.

Um erst einmal auf den Geschmack zu kommen, kannst du deine Bewegung mit irgendetwas, das du ohnehin bereits tust, verbinden. "Du kannst während des Zähneputzens Dehnübungen machen. Bringst du deine Kinder jeden Morgen in den Kindergarten oder zur Schule? Dann geh in den Park und lauf ein paar Runden, statt anschließend gleich nach Hause zu fahren. Du isst zu Mittag am liebsten einen Snack an deinem Schreibtisch? Dann dreh davor eine Runde um das Bürogebäude oder lauf die Treppen einmal runter und wieder rauf." Ein guter Tipp sei auch immer, eine Freundin, einen Freund, zu einer Wette aufzufordern: "Ich werde ab jetzt regelmäßig ein paar Runden joggen. Das glaubst du nicht? Wetten wir?"

Ganz von selbst achtsam? Das kommt mit der Übung.

Bereits auf dem Weg zu dem Ort, an dem du deinen Sport ausübst, kannst du Achtsamkeit praktizieren. Spüre deine Hände am Lenkrad deines Autos, deinen Griff an der Stange oder der Halteschlaufe im Bus. Oder deine Hand, die den Türgriff dreht, wenn du aus dem Haus gehst. Das stimmt dich schon vor dem Fitnessprogramm darauf ein, im Hier und Jetzt zu sein. "Mit ein bisschen Übung wird achtsame Bewegung zu einem festen Bestandteil von allem werden, was du tust", ist sich die Expertin sicher. "Die Unbeholfenheit fällt von dir ab, du bist ganz von selbst achtsam. Genau das bedeutet es, völlig in einer Aktivität aufzugehen."

Was soll man mit seinen Gedanken machen?

"Ich kann einfach nicht meditieren. Mein Geist ist viel zu aktiv. Ich kann nicht aufhören zu denken!" Nita Sweeney kennt Bedenken dieser Art nur zu gut. "Wenn ich jedes Mal, wenn ich so etwas höre, einen Dollar bekommen würde, dann hätte ich ausgesorgt." Ihre Antwort lautet: "Gedanken sind nicht dein Feind, sondern lediglich ein Bestandteil deiner Erfahrungswelt. Statt sie umherschweifen zu lassen, nimmst du sie wahr, lässt sie kommen, in dir aufsteigen und dann wieder vorüberziehen. Aber du identifizierst dich nicht mit ihnen und verlierst dich nicht darin."

Gedanken sind nicht die Realität. "Und wir müssen auch nicht unbedingt alles glauben, was wir denken." Pläne für die Zukunft mögen uns durch den Kopf gehen, Erinnerungen an die Vergangenheit, aber das Leben passiert in diesem Moment. Es gibt kein Gestern oder Morgen, nur das Hier und Jetzt - das hat die Meditationscoachin schon ganz am Anfang erklärt. Da hinzukommen - wolltest du das nicht schon immer?

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