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Rückenschmerzen in der Frühschwangerschaft

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10 min
Sitzende Frau, die mit einer Hand ihren schmerzenden Rücken hält

©iStock/PeopleImages
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In den ersten zwölf Schwangerschaftswochen können leichte Rückenschmerzen auftreten, was die Auslöser sind und welche Maßnahmen helfen, diese zu lindern – ein Arzt klärt auf.

Einleitend ein paar Worte zu Rückenschmerzen im Allgemeinen: Bei ca. 80 Prozent der Schmerzen im Rücken handelt es sich um sogenannte "unspezifische bzw. nicht-spezifische" (ohne komplexe spezifische Ursache und primär nicht gefährliche) Rückenschmerzen, so Univ. Prof. Dr. Richard Crevenna, MBA, MMSc. Der Vorstand der Universitätsklinik für Physikalische Medizin, Rehabilitation und Arbeitsmedizin an der Medizinischen Universität Wien erklärt weiter, dass die restlichen 20 Prozent der Rückenschmerzen spezifische und klar erkennbare organische Ursachen haben, beispielsweise ein symptomatischer Bandscheibenvorfall, Frakturen oder eine schwerwiegende Osteoporose.

Dr. Crevenna betont, dass im Fall von "unspezifischen bzw. nicht-spezifischen" Rückenschmerzen ärztlicherseits kein "Overdoctoring" erfolgen sollte, sprich: Überbehandlung mit unnötiger weiterführender Diagnostik und Behandlung. Statt Patient:innen in eine kontraproduktive Inaktivität zu drängen, ist es von Vorteil, sie darüber aufzuklären, dass die Schmerzen nicht bedrohlich/gefährlich sind und Bewegung die Schmerzsituation verbessert.

Weitere Maßnahmen zur Behandlung von "unspezifischen bzw. nicht-spezifischen" Rückenschmerzen sind laut Dr. Crevenna die medikamentöse Schmerztherapie oder physikalisch-medizinische Maßnahmen, wie Bewegungs- und Trainingstherapie oder auch Wärmeanwendungen. Wenn nach ca. sechs Wochen keine Besserung eingetreten ist, sollte eine fachärztliche weiterführende Diagnostik und Therapie (je nach auslösender Ursache) in Betracht gezogen werden.

Die Behandlung von chronischen Rückenschmerzen ist ein zentrales Thema in der Physikalischen Medizin und der Interdisziplinären Schmerzmedizin. "Diese Ansätze betrachten Schmerzen und ihre Chronifizierung als Ergebnis biopsychosozialer Faktoren und zielen darauf ab, die körperlichen, psychischen und sozialen Funktionen der Betroffenen ganzheitlich zu verbessern", so Dr. Crevenna. Dazu gehören Maßnahmen, wie die Steigerung von Belastungskapazität, Fitness, Koordination und Körperwahrnehmung sowie eine bessere Kontrolle der individuellen Belastungsgrenzen.

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Univ. Prof. Dr. Richard Crevenna, MBA, MMSc ist u. a. Vorstand der Universitätsklinik für Physikalische Medizin, Rehabilitation und Arbeitsmedizin an der Medizinischen Universität Wien, Leiter des Competence Centers für Arbeitssicherheit und Gesundheitserhaltung (CCAG) am Universitätsklinikum-AKH Wien und Stv. Leiter des Comprehensive Centers for Musculoskeletal Disorders (CCMSD) der Medizinischen Universität Wien.

© Matern

Welche Art von Rückenschmerzen erleben Frauen typischerweise während der Frühschwangerschaft?

Als Frühschwangerschaft wird das erste Schwangerschaftsdrittel (erstes Trimenon oder Trimester) bis zum Ende der 12. Schwangerschaftswoche bezeichnet. In dieser Zeit können leichte Schmerzen im unteren Rückenbereich sowie ein Ziehen im Unterleib vorkommen, da sich durch die hormonelle Veränderung der Bandapparat in diesem Bereich zunehmend lockert, erklärt Dr. Crevenna.

Starke Rückenschmerzen sind in der Frühschwangerschaft untypisch, da im ersten Trimenon – speziell in der Embryonalphase – noch nicht die Gewichts- und Größenzunahme des Embryos bzw. Fötus (Bezeichnung ab der ca. 9. Schwangerschaftswoche) mit entsprechenden Konsequenzen für den Bewegungs- und Stützapparat im Vordergrund steht, sondern die Anlage sämtlicher Organsysteme.

Grundsätzlich sind Schmerzen in der Frühschwangerschaft [...] weniger häufig und weniger stark als jene, die später, insbesondere ab der 24. Schwangerschaftswoche auftreten.

Univ. Prof. Dr. Richard Crevenna, MBA, MMSc

Sollten im ersten Trimester starke Rückenschmerzen auftreten, sollte dies unbedingt mit einer Ärztin/einem Arzt abgeklärt werden. Mögliche Ursachen sind laut Dr. Crevenna eine rasche Gewichts- und Größenzunahme der Gebärmutter (Uterus) oder eine eher unübliche Rückwärtsneigung (Retroflexion) dieses Organs.

Weitere schwangerschaftsbedingte Ursachen für starke Rückenschmerzen sind beispielsweise eine Eileiterschwangerschaft (Extrauteringravidität), eine sich abzeichnende Fehlgeburt sowie Nierenerkrankungen. Ein Bandscheibenvorfall, der bereits vor der Schwangerschaft existierte, könnte eine nicht-schwangerschaftsbedingte Ursache sein.

Auslöser oder Ursachen für Rückenschmerzen im 1. Schwangerschaftsdrittel

Dr. Crevenna, der auch Autor des Buches "Rückenschmerzen. Vorbeugen und aktiv behandeln" ist, fasst die schwangerschaftsbedingten sowie nicht-schwangerschaftsbedingten Ursachen für (starke) Rückenschmerzen folgendermaßen zusammen:

Schwangerschaftsbedingte Ursachen:

  • Kreuz- und Rückenschmerzen mit Ziehen im Unterleib sowie Schmerzen im unteren Rückenbereich

  • Eileiterschwangerschaft

  • Fehlgeburt

  • Nierenerkrankung

  • Rückwärtsneigung der Gebärmutter

  • erst später in der Schwangerschaft: rasche Gewichts- und Größenzunahme der Gebärmutter

Nicht-schwangerschaftsbedingte Ursachen:

  • ein bereits vor der Schwangerschaft bestehender Bandscheibenvorfall

  • weitere vor der Schwangerschaft bestehende Ursachen für Kreuz- und Rückenschmerzen, die durch die Veränderung in der Schwangerschaft verstärkt werden

Wie unterscheiden sich Schmerzen im Rücken im 1. Trimenon von anderen Arten von Rückenschmerzen?

Auf diese Frage hat Dr. Crevenna eine klare Antwort: in der Häufigkeit und Intensität sowie in den Konsequenzen. Wie schon einleitend erwähnt, sind Schmerzen in der Frühschwangerschaft weniger häufig sowie weniger stark als jene, die später, insbesondere ab der 24. Schwangerschaftswoche auftreten. Dies hängt damit zusammen, dass die Gewichts- und Größenzunahme des Babys mit entsprechenden Konsequenzen für den Bewegungs- und Stützapparat der Mutter in den ersten zwölf Wochen der Schwangerschaft noch nicht im Vordergrund stehen.

Typisch in der Frühschwangerschaft sind leichte Schmerzen im unteren Rückenbereich sowie ein Ziehen im Unterleib, untypisch sind allerdings das starke Auftreten von Rückenschmerzen in diesem Stadium der Schwangerschaft. In diesem Fall sollte unbedingt ärztlicher Rat eingeholt werden.

Dr. Crevenna fügt hinzu, "Paracetamol zählt in jeder Phase der Schwangerschaft zu den Schmerzmitteln der Wahl. Es gilt hier – so viel wie nötig und so wenig wie möglich. Weiters stehen physikalische und psychologische Entspannungsverfahren zur Verfügung."

Welche Rolle Hormonveränderungen bei der Entstehung von Rückenschmerzen im 1. Trimester spielen

Durch die hormonellen Umstellungen sowie Veränderungen in der Schwangerschaft kommt es zu einer zunehmenden Lockerung des Bandapparates der Schwangeren und das führt zu Kreuz- und Rückenschmerz mit Ziehen im Unterleib sowie Schmerzen im unteren Rückenbereich. Die wachsenden Organe des kleinen Beckens, erklärt Dr. Crevenna, hängen u. a. am Kreuzbein und "das hängt sich sozusagen 'rein' und kann Schmerzen verursachen."

Maßnahmen, um Rückenschmerzen in der Frühschwangerschaft zu lindern

Einerseits stehen physikalische sowie psychologische Entspannungsverfahren (gezielte Geburtsvorbereitung, Mind-Body-Therapien oder mentale Techniken, wie beispielsweise Atemtechniken) als Maßnahmen zur Verfügung, andererseits medikamentöse, wie Paracetamol.

Dr. Crevenna verweist auf die "Österreichischen Bewegungsempfehlungen" des "Fonds Gesundes Österreich":

Wenn Sie vor der Schwangerschaft nicht regelmäßig Bewegung gemacht haben, sollten Sie während der Schwangerschaft jede Gelegenheit für Bewegung nutzen. Vor allem der Wechsel von 'gar keine Bewegung' zu 'ein bisschen Bewegung' ist ein wichtiger erster Schritt. Diese Empfehlungen gelten für alle gesunden Schwangeren. Unabhängig davon, ob sie vor der Schwangerschaft Bewegung gemacht haben oder nicht. Trainieren Sie jeden Tag Ihren Beckenboden. So bauen Sie die Beckenbodenmuskeln auf und erhalten die Beckenbodenmuskeln. Sie sorgen auch dafür, dass die Muskeln gut durchblutet werden. Zusätzlich sollten Sie an 2 oder mehr Tagen in der Woche Übungen machen, die Ihre anderen Muskeln kräftigen. Während der Kräftigung der Muskulatur sollten Sie keine Pressatmung machen. Pressatmung bedeutet: Man tut so, als würde man viel Luft schnell ausatmen. Aber man atmet nicht sofort aus, sondern hält die Luft anfangs an. Erst danach lässt man die gesamte Luft hinaus. Zusätzlich sollten Sie mindestens 150 Minuten, das sind 2 ½ Stunden, pro Woche ausdauerorientierte Bewegung mit mittlerer Anstrengung machen. Vermeiden Sie langes Sitzen und machen Sie zwischendurch immer wieder Bewegung.

Gibt es Schlafpositionen, die helfen können, Rückenschmerzen zu verringern?

"Vor allem ist es wichtig, ausreichend Schlaf zu bekommen", so Dr. Crevenna. Vor dem Schlafengehen die Nutzung von Handy oder Tablet reduzieren und generell genug Ruhe mit Zeit für sich tragen viel zum Wohlbefinden bei.

Man kann nicht gleichzeitig geistig angespannt und körperlich entspannt sein.

Univ. Prof. Dr. Richard Crevenna, MBA, MMSc

In späteren Stadien der Schwangerschaft sollte die Rückenlage vermieden werden, die Seitenlage gilt als sicherste Position zum Einschlafen, so Dr. Crevenna. "Wachen werdende Mütter auf dem Rücken auf, ist das aber kein Grund zur Sorge. Die Studien haben ausdrücklich die Position beim Einschlafen untersucht, da sie nachts automatisch am längsten eingenommen wird. Bemerken Schwangere, dass sie auf dem Rücken liegen, können sie sich einfach auf die Seite drehen und weiterschlafen."

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