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Psychotherapeutin verrät 9 Schlüssel zur Selbsthilfe

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11 min
Frau, die tief durchatmet

©iStock/damircudic
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Seelische Konflikte, Trauer oder Trennung: Muss man deshalb immer gleich zum Profi? Nicht unbedingt, meint Ärztin und Psychotherapeutin Birgit Jakobs. Hier verrät sie ihre neun Schlüssel zur Selbsthilfe. Wie die Behandlung in Eigenregie klappt …

Wenn es in der Beziehung kriselt, im Job nicht mehr passt und sich das Leben sehr schwer anfühlt, kommt früher oder später der Punkt, an dem man sich eingesteht: "Ich kann so nicht mehr weiter, ich brauche Hilfe." Doch die muss nicht immer gleich vom Profi kommen. Oft sei es, wie die Ärztin und Psychotherapeutin Dr.in med. Birgit Jakobs betont, schon eine große Unterstützung, wenn man einem anderen Menschen sein Herz ausschütten kann. "Gehen Sie in Gedanken Ihren Freundeskreis durch", rät die Expertin, "und überlegen Sie: Mit wem möchte ich sprechen? Wer hat Kompetenz, kann sich in mein Thema einfühlen?"

Der nächste Schritt kann schon etwas Überwindung kosten: Man sollte sich dann nämlich nicht scheuen, auf den anderen zuzugehen und negative Gedanken, man könne dem oder der anderen zur Last fallen, wegzuwischen: Die meisten Menschen helfen gerne. Überleg dir außerdem, was du dir sonst noch Gutes tun kannst. Seelen-Profi Birgit Jakobs hat für ihr neues Buch, "Psychotherapie für zu Hause", eine ganze Menge Tools zusammengestellt, mit denen wir bei Krisen, depressiven Verstimmungen und emotionalen Konflikten wieder in unsere psychische Balance kommen. Die Grundlage dazu bilden neun Basisschlüssel. Welcher sperrt deine Tür zur Selbstberuhigung am besten auf?

  • Schlüssel 1: Der Notfallkoffer für die Sinne. Pack Dinge, die das Sehen, Riechen, Hören, Schmecken oder Fühlen anregen, in ein Köfferchen. Was das sein kann? Zum Beispiel ein Lieblingsfoto, beruhigende Musik, ein Tuch, das sich gut angreift, Lavendelöl oder ein Stück Schokolade.

  • Schlüssel 2: Atmung beruhigt. Geht ganz einfach und wirkt schnell: Es hilft schon, sechsmal am Tag einen bewussten, langen Atemzug zu nehmen. Oder: Tief einatmen, Atem kurz halten, dann langsam ausatmen. Vor dem nächsten Atemzug wieder kurz anhalten – und so weiter.

  • Schlüssel 3: Kleine Rituale für mehr Sicherheit. Rituale geben uns Halt und Struktur. Fördere bewusst sich täglich wiederholende, lieb gewonnene Handlungen. Das kann die Morgenmeditation sein, eine Pflegeroutine oder der Spaziergang nach dem Abendessen.

  • Schlüssel 4: Auf den Körper hören! Unser Körper sendet ständig Signale. Ob Kopf weh, Bauchweh, Nackenschmerzen – mögliche Botschaften können sein: Du hast nicht gut auf dich aufgepasst, zu viel gearbeitet, zu wenig geschlafen, zu wenig getrunken oder gegessen.

  • Schlüssel 5: Die Kraft der Mantras. Vertraue auf die heilende Kraft der Worte. Sag dir Mantra-Sätze wie diese immer wieder (innerlich) vor: Ich bin nicht allein. Ich bin gut genug. Solange ich lebe, gibt es Hoffnung.

  • Schlüssel 6: Geborgenheit durch Verbindung. Jeder Mensch braucht jemanden, mit dem er sich verbunden fühlt, bei dem er die Scham überwinden kann. Auch Selbsthilfegruppen können hier eine große Hilfe sein.

  • Schlüssel 7: Vertrauen gegen die Angst. Angstgefühle lähmen und blockieren. Viele Menschen scheinen ihr Urvertrauen verloren zu haben. Versuche, die tiefere Ursache dafür zu finden. Mit einer stabilen Bezugsperson lässt sich Vertrauen wieder aufbauen.

  • Schlüssel 8: Das Geschenk der Zuwendung. Wir brauchen mehr denn je Menschen, die liebevoll agieren und aktive Nächstenliebe praktizieren. Versuche, einen Tag oder eine Woche lang bewusst mit anderen wohlwollend und freundlich umzugehen. Mach den ersten Schritt, ohne dir vom Gegenüber etwas zu erwarten.

  • Schlüssel 9: Gesehen werden, gemeint sein. Von anderen so angenommen zu werden, wie wir wirklich sind, ist eines unserer tiefsten Bedürfnisse. Wir sollten daher auch den Mut finden, uns jemandem ganz zu zeigen.

Wie Druck aus dem Körper weicht

Vielleicht kommen dir einige der Tools, wie etwa das Atmen, ein wenig banal vor. Doch sie sind es keineswegs, wie die Expertin bestätigt: "Gerade bewusstes, tiefes Atmen gilt als einer der wesentlichen Schlüssel zum Lösen von Anspannungen, die wir aufbauen, um Bedrohungen, Anforderungen und Druck abzuwehren." Du kannst das jederzeit selbst ausprobieren: Stell dich stabil, aufrecht hin, schließe die Augen. Nimm wahr, dass du mit beiden Beinen fest auf dem Boden stehst. Lass die Arme locker von den Schultern hängen, und nimm bewusst einen tiefen Atemzug durch die Nase. Merkst du, wie du ruhiger wirst? Sechsmal am Tag praktiziert, weicht der Druck aus dem Körper.

Auch die Rituale (Schlüssel 3) funktionieren ohne großen Aufwand. "Jeden Sonntag die beste Freundin anrufen, nach dem Heimkommen erst mal eine Tasse Kaffee oder Tee trinken, vor dem Schlafengehen lesen oder den Tag Revue passieren lassen, regelmäßig ins Stammlokal gehen – wenn wir diese kleinen Gewohnheiten bewusst etablieren, gibt uns das Kraft", betont Birgit Jakobs. Die Frage in belastenden Situationen laute immer: Was kann ich selbst konkret tun, damit es mir so schnell wie möglich besser geht? Voraussetzung dafür ist, neben dem Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, das, was die Ärztin in ihrem Buch als "radikale Akzeptanz" bezeichnet. Also erst einmal Ja zu sagen zu einer Situation, so wie sie ist. Mit dem berühmten "Hättiwari" kommt man in Sachen Veränderung nicht weit.

Unsere schwierigste Emotion: Scham

Was vielen Menschen bei der Lösung von Konflikten massiv im Weg stehen kann: Wir genieren uns für unsere Gefühle. "Scham ist die schwierigste Emotion von allen", ist Jakobs überzeugt. Wer hat nicht schon einmal gedacht: Wenn andere das von mir wüssten, würden sie nichts mehr mit mir zu tun haben wollen. Doch in dem Moment, in dem man sich einen Ruck gibt und sich jemandem anvertraut, sei der Bann gebrochen: "Wenn wir auf Verständnis stoßen, sind wir plötzlich wie befreit. Also nur Mut!" Davon braucht man auch ein Quäntchen, wenn man seinen Ängsten ins Auge sieht. Erfahrungsgemäß werden sie aber gerade dadurch schwächer.

Jede:r kennt das: Fühlt man sich in der Höhe mulmig und traut sich trotzdem auf den Aussichtsturm, stellen sich Erfolgsgefühle ein. Freilich: Zukunftsängste zu kontrollieren, ist herausfordernder. Dass manche Menschen von vornherein mit einer stärkeren Widerstandskraft gesegnet sind, weiß man aus der Resilienzforschung. Doch jede:r kann selbst etwas tun: "Alles, was unsere Energie und Aufmerksamkeit in kreative, konstruktive Bahnen lenkt, gibt Kraft. Malen, Handwerken, Handarbeit, Spielen, Tanzen, Singen – das hilft uns, im Augenblick ganz da zu sein", so Jakobs. Mit anderen Worten: Achtsamkeit vertreibt die Angst.

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Psychologie

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