Heimfahren von der Arbeit
Noch schnell die Laptop-Tasche in den Kofferraum, ausparken und dann geht’s endlich heim. Das Schöne: wenn die Tiefgarage unseres Bürogebäudes meinen kleinen VW-Polo jetzt an die Erdoberfläche spuckt, ist es dort oft noch hell. Zwischen den hohen Wohnhäusern und Bürogebäuden am Donaukanal blinkt eine fast schon am Horizont ruhende Sonnenkugel immer wieder auf, während ich mich im Schritttempo vorwärtsbewege. Viele Menschen fahren um diese Zeit nach Hause.
Ich habe begonnen, diesen Abendstau zu mögen. Es sind meine 40 Minuten. 40 Minuten im geschützten Auto, manchmal auch mehr, in denen ich glücklicherweise dazu verdammt bin, nichts tun zu können oder zu müssen. Manchmal sehe ich ein und dieselbe Ampel immer wieder grün werden und es gibt kein Weiterkommen. Trotzdem: irgendwann werde ich zu Hause ankommen.
Meine Füße sind ungeduldig
Wenn ich sehr hungrig bin, rufe ich den Besten an und bitte ihn, schon mal Nudelwasser hinzustellen oder Kartoffeln zu schälen. Er sagt dann, er ist noch laufen, aber sobald er daheim ist, macht er das. Dann kommt mir der Gedanke, dass ich mich auch noch bewegen sollte. Schließlich habe ich den ganzen Tag auf meinem Bürosessel verbracht und jetzt sitze ich schon wieder. Oder immer noch. Ich spüre auf einmal eine Ungeduld in meinen Füßen: Eigentlich wollen sie auch lieber laufen als in die Pedale drücken.
Ich schalte das Radio ein. Manchmal nervt mich die Musik und ich suche einen anderen Sender. Bis ich draufkomme, es ist gar nicht die Musik, die mich nervt, sondern ich nerve mich selber. Dann schalte ich wieder ab. Ich will jetzt gar nichts hören. Wie geht es mir wirklich? Tochter im Maturastress. Papa geschwächt von einer schweren Krankheit. Der Beste im Dauer-Einsatz: die Katze gehört geimpft, die Terrasse gekärchert, das Rennrad gewartet. Und ich?
Liptauer, Eiaufstrich, Wachauer Laberl
Gerade bin ich froh darüber, dass wieder ein langer Arbeitstag vorbei ist. Geschafft, abgehakt. Gleichzeitig überkommt mich eine Schwermut: das Leben vergeht zu schnell. Die Tage verfliegen und ich stehe im Stau. Aber habe ich mir dieses Leben nicht selbst ausgesucht?
Mein Auto schlängelt sich an den Nobelheurigen in Grinzing vorbei und ich denke an Liptauer und Wachauer Laberl. Ich bin wirklich hungrig. Ob der Beste vielleicht sogar schon etwas Gutes gekocht hat? Manchmal überrascht er mich mit einem Abendessen, einfach so.
Die große Freiheit beginnt an der Höhenstraße: die Stadt liegt nun hinter mir und es geht zügig dahin. Ich atme auf. Der Wienerwald grünt von Tag zu Tag üppiger, gleich bin ich daheim. Der Beste wird sich darüber freuen und die Tochter vielleicht auch, aber sie wird mir das nicht zeigen. Wahrscheinlich ist sie gar nicht zu Hause. Es ist dunkel geworden. Aber der Frühling, der lässt sich jetzt nicht mehr aufhalten.