Ich war auf einem „Weiberabend“
Über die Einladung zu einem „Weiberabend“ via WhatsApp habe ich mich nicht gefreut. Ich bin misstrauisch, kannte kaum jemanden aus der Gruppe und hatte sofort ein Bild vor Augen, gegen das sich so ziemlich jede Faser meines Körpers sträubt: Frauen, die sich Prosecco schlürfend über Männer echauffieren. Es hieß, man wolle sich „generationenübergreifend“ austauschen, philosophieren, trinken und tanzen.
Zugesagt habe ich nur, weil auch die Teenager-Tochter kommen wollte (und ich mich nicht erinnern kann, dass sie es jemals zuvor goutiert hätte, ihre Mutter auf dem gleichen Event zu wissen – diese Chance konnte ich mir nicht entgehen lassen). Und weil die Playlist immer besser wurde (man konnte sich vorab Lieder zum Tanzen wünschen). Und, weil ich ein bisschen neugierig war.
Ein Kellerlokal explodiert
Als wir gegen 19 Uhr im Party-Keller der Pizzeria (das Ristorante „Francesco“ in Penzing ist übrigens immer einen Besuch Wert!) eintreffen, ist schon ganz schön was los. Etwa 30 Frauen zwischen 74 und 14 haben sich um Tische und Stehtische gruppiert, essen köstliche Antipasti und die Kellner kommen mit dem Servieren der Getränke kaum nach.
Ich bestelle Rotwein und Pasta della Casa und lande auf einem Tisch mit lebenslustigen Frauen aus der unmittelbaren Nachbarschaft, die ich noch nie zuvor gesehen habe. Wir unterhalten uns über gute Lokale in der Nähe, über die irren Grundstückspreise, über Yoga und Tattoos. Alle, die Kinder haben, sagen, dass sie froh sind, wenn die Kinder endlich aus der Schule sind. Dann fängt das Leben wieder an.
Ab 22 Uhr bebt die Tanzfläche – Großmütter und ihre Enkeltöchter verrenken sich zu Roy Orbison, Alphaville und David Bowie. Man muss jetzt laut schreien, wenn man gehört werden möchte, also singen wir überraschend textsicher jeden Hadern mit. Über Männer habe ich den ganzen Abend kein Wort gehört. Vielleicht war aber auch nur die Musik zu laut.
Erstaunlicherweise verlässt die Teenager-Tochter, die nach Festen üblicherweise erst im Morgengrauen nach Hause kommt, den „Weiberabend“ noch vor mir. Und das ist gut so, weil sie sich dadurch möglicherweise eine Dosis Fremdschämen erspart: zu Jon Bon Jovi grölend hat ihre Mutter noch nie getanzt. Woah, livin' on a prayer - ich freue mich schon aufs nächste Mal.
Kristin Pelzl-Scheruga ist Chefredakteurin von Lust aufs LEBEN