Unser Leben „danach“
Gleich und gleich haut sich bekanntlich gerne auf ein Pack und so haben auch unsere besten Freunde gerade Kids im Alter zwischen 13 und Anfang 20. Wir sind spät Eltern geworden. Und jetzt, jetzt tut sich was! Nicht nur beim Nachwuchs, sondern auch bei den Eltern.
„War‘s das schon?“ ist eine Frage, die uns derzeit beschäftigt. Wir haben lukrative Jobs, ein schönes Zuhause und wir sind gesund. Aber, so fragt Freundin S., die sich laut Eigenzitat alles so fein gerichtet hat, dass es ihr „gar nicht besser gehen könnte“: Macht ihr euch keine Gedanken darüber, was danach ist? Wie wollt ihr leben, wenn die Kinder endgültig außer Haus sind?
B&B am Meer oder im Bus nach Bangkok
Wir leeren dann gerne ein paar Flaschen Rotwein gemeinsam und beginnen zu träumen. Für S. und ihren Mann ist klar: der Hauptwohnsitz wird sich vom Wiener Speckgürtel in Richtung Süden verlagern. Eine Art Bed and Breakfast in Kroatien zu betreiben - das können sich beide gut vorstellen und man hat auch bereits ein entsprechendes Grundstück mit Meerblick im Auge. Wir wissen also, wo wir künftig unsere Sommerurlaube verbringen werden (und hoffen auf einen Freundschaftspreis).
Überhaupt scheint Kroatien die Trend-Destination der träumenden Teenager-Eltern zu sein: auch Ex-Kollegin T. ist gerade dabei, dort Apartments zu restaurieren und eignet sich in Kursen das nötige Wissen an, um Olivenöl und Essig selbst zu produzieren. So wie andere ihren Sauerteig, habe sie nun die Essigmutter immer mit dabei.
Freundin F. möchte nach Thailand: sie sieht sich dort in einem Café Sacher Torte, Apfelstrudel und Kärntner Reindling servieren. Inspiriert dazu hat sie vermutlich ihr Mann, der gerade seinen Lebenstraum verwirklicht und im September mit seinem 45 Jahre alten Mercedes (von uns liebevoll „Rüttelbus“ genannt, weil man als Fahrgast durchgeschüttelt wird wie beim Tagata) auf dem Landweg von Wien nach Bangkog fahren möchte. Nein, es sei eigentlich kein Wunsch, korrigiert er mich: Er möchte nicht, sondern er WIRD nach Bangkok fahren. Er habe schließlich nur mehr „20 gute Sommer“, also worauf warten? Und ob man seine Ziele verwirklicht, sei auch eine Frage der korrekten Formulierung. Also WIRD er. Und im Moment sieht es tatsächlich ganz danach aus...
Ein Hoch auf das Jetzt...und auf Peter Kraus
„Und ihr? Was habt ihr vor?“ Mein Mann und ich schauen uns an – und schweigen. Wir haben noch keine Pläne und kommen uns jetzt ein bisschen spießig vor. Vielleicht was mit Schreiben und Fotografieren? Ich sage, dass ich das alles auf mich zukommen lasse, step by step. Wir hatten doch eben noch ein Baby! Und sei es nicht, lasse ich die Achtsamkeits-Advokatin in mir raushängen, viel entscheidender, dass wir das Jetzt nutzen und die Gegenwart genießen?
Darauf noch ein Glas Rotwein! Und eine Zeile aus der Schnulze von Peter Kraus:
„Wenn Teenager träumen, …
das ist für sie schöner als der schönste Roman.
Noch schöner als Kino und heiße Musik,
denn Teenager träumen so gerne vom Glück.“
Ihre Eltern auch.
Kristin Pelzl-Scheruga ist Chefredakteurin von „Lust aufs LEBEN“