PMDS: Wie lebt es sich mit der prämenstruellen dysphorischen Störung?
©iStockMan kennt seinen Körper in der Regel so gut wie niemand anderes. Deswegen ist es enorm wichtig, immer dem Bauchgefühl zu vertrauen - so kann auch die Menstruationsstörung PMDS erkannt und behandelt werden.
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Ich glaube, jede menstruierende Person wird mir zustimmen, dass die Periode manchmal einem Ritt durch die Hölle gleicht. Food Cravings, Unterleibsschmerzen, depressive Verstimmungen - um nur ein paar der damit einhergehenden Begleiterscheinungen zu erwähnen.
Wer diese Symptome bisher immer als Stimmungsschwankungen & Co abgestempelt hat, sollte nun besser aufpassen: Eventuell handelt es sich nämlich um PMDS - eine Krankheit, bei der ein Abwarten manchmal schwere Folgen mit sich zieht.
Wichtig: Perioden sind normal. Perioden sind nicht eklig. Perioden sind vor allem eins: Kein Tabuthema!
Wobei handelt es sich bei einer prämenstruellen Störung?
Bei Wehwehchen während der Periode wird eben diese gerne mal als Ursache herangezogen. Für manche Menstruierende bleibt es nur leider nicht bei diesen Wehwehchen, sondern steigert sich bis in ein absolut unertragbares Ausmaß - hin zu Depressionen und Suizidgedanken. Das prämenstruelle Syndrom - kurz PMS - mag vielen bereits ein Begriff sein. Seine große "Schwester", die prämenstruelle dysphorische Störung (PMDS), hingegen ist nur wenigen bekannt - und das, obwohl die Symptome vergleichsweise viel stärker sind.
Die prämenstruelle dysphorische Störung ist eine Menstruationsstörung, bei der alle sonst auch verspürten Symptome eine Extremform annehmen und ohne Hilfe nicht mehr zu ertragen sind. Das Wort "prämenstruell" bedeutet hierbei, dass die Störung vor der Menstruation eintritt - meist zeitlich mit dem Eisprung übereinstimmend und endend mit dem Abschluss der Blutung. Mit "dysphorisch" ist das Gegenteil von euphorisch gemeint, also kurz gesagt: Die Hälfte des Jahres schwebt man eventuell in einem Zustand der Trauer und absolutem Chaos.
Obwohl 1 von 20 Personen von PMDS betroffen ist, ist der Auslöser der Krankheit noch nicht festgestellt worden. Laut Wissenschaftler:innen lässt es sich eventuell auf eine Hormonsensitivität oder einen plötzlichen Abfall des Botenstoffs Serotonin zurückführen. So oder so steht eine Sache fest: Hier fehlt eindeutig die notwendige Forschung!
Auch Selma Örge, mit der ich im Rahmen dieses Artikels ein wunderbar interessantes Gespräch führen durfte, ist derselben Meinung: "Dann würde es auch spezialisierte Hilfsangebote geben oder sich auch mehr Leute bei Beratungsstellen auskennen. Damit man sich nicht mehr so hilflos fühlt." Selma ist seit über zwei Jahren offiziell mit PMDS diagnostiziert und erlaubt uns einen kleinen Einblick in ihr Leben mit der mysteriösen Krankheit.
PMDS ist nicht dasselbe wie PMS
Sie klingen zwar ziemlich ähnlich, unterscheiden sich aber vor allem in ihrer Intensität und Dauer: PMS hält meist nur ein paar Tage vor der Periode an, PMDS hingegen zieht sich über einen Zeitraum von zwei Wochen - und das jeden Monat, in dem die Menstruation eintritt.
Allgemein ist PMDS vor allem für ausgeprägte psychische Beschwerden bekannt, die heftiger auftreten als bei PMS. Betroffene beschreiben, dass sie sich kaum mehr wiedererkennen und es schwerfällt, sich wieder zu fangen.
Wichtig: PMS wird dadurch auf gar keinen Fall als weniger bedeutend eingestuft. Jedes Krankheitssymptom muss ernst genommen werden und bedarf einer entsprechenden Behandlung - egal, um was es sich handelt.
Gibt es Gründe oder Vorerkrankungen, die PMDS begünstigen?
Theoretisch gesehen kann PMDS jede Person treffen, die regelmäßig menstruiert oder einen Menstruationszyklus aufweist. Da mit ungefähr 50 Jahren die Menopause - auch unter dem Begriff Wechseljahre bekannt - eintritt, leiden vor allem junge Menstruierende unter PMDS. Die häufigste Altersspanne liegt dabei zwischen Mitte 20 und Mitte 30.
Sollte die Krankheit bereits bei Familienmitglieder:innen festgestellt worden sein, so ist eine höhere Wahrscheinlichkeit für Anfälligkeit vorhanden. Auch bereits bestehende psychische Belastungen, Depressionen und Stress können PMDS begünstigen. Ein weiterer, viel zu vernachlässigter Punkt ist die bestehende Bildungslücke: Wer nicht weiß, was PMDS ist, weiß nicht, dass es da ist - und kann es nicht behandeln lassen.
COVID-19 hat viele unserer Lebensbereiche maßgeblich verändert. Tatsächlich lässt sich die Pandemie auch auf PMDS übertragen. "So auf Reisen ging es mir eigentlich voll gut. Dann bin ich zurückgekommen und hab' meine Freunde nicht mehr gesehen, war total isoliert wegen den ganzen Lockdowns. Es ging mir deutlich schlechter. Corona hatte ja so schon Auswirkungen auf die Psyche", erklärt mir Selma.
Was sind die häufigsten PMDS-Symptome?
Vorweg: Mit dir als Person ist nichts falsch - deine Krankheit definiert dich nicht und du bist vor allem nicht Schuld daran! Viel wichtiger ist es, sich mit den Symptomen auseinanderzusetzen und sie überhaupt zu kennen. Nur so kann eine richtige Behandlung erfolgen. Leider sind die Symptome ziemlich divers, sodass in jedem Fall eine Diagnostizierung nötig ist. Dies sind die häufigsten Anzeichen für PMDS:
Angst
Depression
Schwellungen
Übelkeit
Müdigkeit
Migräne
Appetitveränderung
Verwirrung
Menstruationsschmerzen
keine sexuelle Lust
Rückenschmerzen
Die Symptome können so schlimm werden, dass Beziehungen bröckeln, die Arbeit vernachlässigt wird und der gesamte Körper nicht mehr funktioniert. Kurz gesagt: Zeitweise hat PMDS dich im Griff - und nicht andersherum.
Heißhunger oder Appetitlosigkeit werden gerne mal falsch interpretiert. Auch Selma ging es ähnlich: "Ich hatte schon so klassische Sachen wie Food Cravings, dass ich Lust auf fettige und süße Sachen hatte. Habe ich immer noch teilweise. Das hat mich aber im Alltag nicht so sehr beeinträchtigt und verunsichert. Die depressiven Verstimmungen waren aber das, was mich dazu bewegt hat, zum Arzt zu gehen."
Wie wird die Krankheit festgestellt?
PMDS ist allgemein schwierig festzustellen. Meist wird eine Art Krankheitsjournal geführt, bei dem alle Symptome über einen längeren Zeitraum festgehalten und im Nachhinein abgeglichen werden. Eine weitere Option ist die Anamnese - das ist eine systematische Befragung über den Gesundheitszustand. Treten die Symptome eher in der Mitte des Menstruationszyklus auf, liegt PMDS wahrscheinlich nicht vor.
Innerhalb eines Jahres müssen während der meisten Menstruationszyklen fünf oder mehr folgender Symptome auftreten, sodass PMDS diagnostiziert werden kann: depressive Stimmung, mangelndes Interesse an Aktivitäten, Wut oder Reizbarkeit, Schlaflosigkeit oder das Bedürfnis nach Schlaf, Konzentrationsstörungen, erhöhter Appetit, Kontrollverlust, andere körperliche Symptome wie Brust- oder Kopfschmerzen, Blähungen und mehr.
Welche Behandlungsmöglichkeiten für PMDS gibt es?
Es ist wichtig, zu wissen, dass PMDS nicht - zumindest noch nicht - geheilt werden kann. So oder so gibt eine Diagnose erst einmal Licht ins Dunkel. Zu wissen, dass es einen Grund für die Symptome gibt, kann sehr erleichternd sein.
Die gängigste Lösung, um PMDS unter Kontrolle zu haben, ist das Heranziehen von Antidepressiva - die nur manchmal von der Krankenkasse übernommen werden. Diese sollten im Idealfall nur in der Lutealphase des Menstruationszyklus eingenommen werden, da die Wirkung sonst auch gute Tage beeinflusst. Sport, Entspannung und gesunde Ernährung zeigen ebenso positive Effekte.
Eine weitere Art der "Behandlung" ist es, sich Routinen zurechtzulegen - was super easy von zu Hause aus geht und jede:r nachmachen kann. "Man versucht etwas zu finden, was einen davon abhält, in diese Gedankenmuster zu fallen. Ich glaube, da kann man aber auch nur bis zu einem gewissen Grad etwas machen. Einmal richtig in der Phase drin, ist es schwierig, sich aufzuraffen", so Selma über ihre Erfahrung mit Routinen.
Es ist immer hilfreich, darauf zu hören, was der eigene Körper braucht! Es kann jede noch so tolle Routine geben - einem selbst hilft sie aber eventuell nicht. Daher: Ausprobieren, ausprobieren, ausprobieren! Falls ihr etwas Gutes findet, gebt ihr uns Bescheid, ja?