Nach einem Autounfall steht Bernhard Speer wieder auf der Bühne – und mitten im Leben. Über sein neues Ich, seine Vaterrolle und bewegende Momente.
"Am Montag veröffentlichen wir ne ganz feine Tour. Augen auf", schrieb Seiler-und-Speer-Manager Fritz Strba am 10. Oktober vergangenen Jahres auf seiner Facebook-Seite. Nur ein paar Stunden später wurde Frontman Bernhard Speer, 34, nach einem Autounfall mit lebensgefährlichen Verletzungen ins Krankenhaus eingeliefert. Der Vater zweier Söhne (4 & 5) war in der Nacht zum 11. Oktober mit seinem VW-Bus gegen einen Betonpfeiler gerast. Laut Medienberichten stand Speer unter massivem Einfluss von Suchtmitteln.
Fragen dazu verbietet das Management strikt: "Diese werden von unserer Seite nicht kommentiert." Speer überlebte, aber der Weg zurück war alles andere als leicht. Ein halbes Jahr lang zog sich der Niederösterreicher komplett aus dem Showbusiness zurück, kämpfte mit körperlichen und seelischen Wunden, ordnete sein Leben neu. Jetzt meldet er sich zurück. Von Rock’n’Roll und Highlife ist wenig übrig. Wir trafen Speer zum sehr privaten und sehr ehrlichen Interview.
Was hat Sie heute schon glücklich gemacht?
Unser YouTube-Award für 100.000 Abonnenten war in der Post. Darauf haben Christopher und ich hart hingearbeitet.
Gratuliere! Das vergangene halbe Jahr war gesundheitlich und emotional für Sie eine große Herausforderung. Welche Momente haben Sie dabei am meisten geprägt?
Der schönste war bestimmt, als ich zum ersten Mal aus dem Rollstuhl aufgestanden bin. Das war um meinen Geburtstag herum, Anfang Dezember. Danach hab ich mir die nächste Challenge gestellt und meiner Mutter drei Wochen später zu Weihnachten einen Kaffee ohne Krücken serviert. Als ich mir Videos von mir aus der Zeit vor dem Unfall angeschaut habe, war es hingegen ein echter Schlag in die Fresse. Das war ziemlich hart für mich. Ich habe gesehen, wer ich war und wer ich jetzt bin. Optisch, aber auch als Mensch hat mich das alles sehr verändert.
Was haben Sie über sich selbst gelernt?
Ich will mich künftig nur mehr auf die Menschen fokussieren, die mir guttun und denen ich guttun kann. Das habe ich viel zu sehr vernachlässigt. Ich will nicht mehr so planlos durch die Welt rennen. Man kann sehr schnell den Blick fürs Wesentliche verlieren. Jetzt bemühe ich mich, jeden Tag sinnvoll zu nutzen. Ich habe das Privileg, einen Job zu haben, der mir wirklich Spaß macht und mit dem ich andere unterhalten darf. Das ist ein Geschenk, das ich mit Füßen getreten habe.
Welche Frage haben Sie sich seit dem Unfall am häufigsten gestellt?
Wie es noch hätte ausgehen können und ob es so weit hat kommen müssen …
Haben Sie darüber viel mit anderen gesprochen oder sind Sie jemand, der so etwas lieber mit sich allein ausmacht?
Ich habe schon im Krankenhaus viel darüber geredet. Vor allem mit meiner Mama.
Welche Rolle spielt Ihre Mutter in Ihrem Leben?
Neben meiner Zwillingsschwester ist sie die wichtigste Frau in meinem Leben. Ich höre und sehe die zwei täglich. Meine Mama wohnt nur 200 Meter weit weg von mir. Trotzdem telefonieren wir oft miteinander. Dann schalten wir auf Lautsprecher und kommen eine Viertelstunde später drauf, dass wir gar nichts reden, weil jeder nebenbei seine Sachen macht. Flatrate sei Dank.
Sie haben Ihr Bühnen-Comeback bereits hinter sich. Was ist Ihnen davor durch den Kopf gegangen?
Ich musste mich darauf konzentrieren, cool zu bleiben. Das war doch sehr emotional für mich. Und ich hab mich gefragt, ob ich die Show durchhalte. Im Nachhinein war’s ein Wahnsinn! Ich habe mich im Anschluss noch eineinhalb Stunden zu den Fans gestellt. Es hat mir total gut getan, zu merken: Hey, die nehmen mich noch wahr …
Haben Sie auch mal mit dem Gedanken gespielt, sich komplett aus dem Showbusiness zurückzuziehen?
Im Gegenteil. Es hat mich psychisch ziemlich runtergezogen, dass ich so lange weg war und ich derjenige war, der sich selbst aus dem Geschehen rauskatapuliert hat. Ich wollte nie von der Bildfläche verschwinden.
Was hat Ihnen gefehlt?
Ich bin mit dem, was wir tun, total gern in der Öffentlichkeit und mag’s, für meine Arbeit Feedback zu bekommen.
Hatten Sie Angst, man könnte Sie vergessen?
Mein Bekanntheitsgrad ist durch die ganze Sache sicher gestiegen. Es wurde ja ständig über mich geschrieben. Ich habe anfangs nicht mitbekommen, was manche Medien da rausgefetzt haben. Teilweise war und ist das echt katastrophal. Christopher und ich sind jetzt quasi die Bad Boys, die Jungs, die sich nichts scheißen. Das kann manchmal vielleicht gut sein, aber stolz bin ich auf dieses Image nicht.
Sie sind Vater von zwei Söhnen. Wie werden Sie ihnen das alles später erklären?
Das habe ich schon längst. Meine Buben sind vier und fünf. Vor allem der Große hat sich viele Sorgen gemacht. Um das mit den Jungs im Detail zu besprechen, dafür sind sie noch zu klein, aber die Zeit wird kommen. Jetzt will ich ihnen ein gutes Vorbild sein. Ich habe mir und ihnen
versprochen, dass so etwas nie wieder passieren wird!
Welche Eigenschaft mögen Sie an sich selbst?
Dass ich ein guter Papa bin.
Was macht Sie zu einem guten Vater?
Die zwei kommen gern zu mir. Mindestens ein Mal die Woche hab ich sie bei mir, seit ich von ihrer Mutter getrennt lebe. Es ist mir wichtig, mit ihnen eine gute Zeit zu verbringen, und ich spüre, dass wir uns gern haben. Meine Mama war früher immer extrem überfürsorglich, hatte ständig Angst, uns Kindern könnte was passieren. Damals fand ich’s blöd, jetzt bin ich selbst in der Situation und lass die beiden nie aus den Augen, vor lauter Angst, sie könnten sich weh tun.
Sind Sie ein strenger Papa?
Ich denke schon. Ich mag es zum Beispiel nicht, wenn sie sich streiten. Rundherum sagen alle: "Jetzt lass sie halt! Die müssen sich das selbst ausmachen." Aber mir geht das nicht ein. Vor allem nicht, wenn der Größere den Jüngeren haut. Da gibt es dann Gespräche, in denen ich ihnen erkläre, dass sich das nicht gehört. Und mir ist wichtig, dass sie ein gutes Benehmen haben. Dass sie sich die Hand vorhalten beim Niesen oder Husten, so lange am Tisch sitzen bleiben, bis alle fertig gegessen haben, und natürlich ordentlich Hallo und Tschüss sagen … Solche Sachen eben.
Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?
Ich würde gern dort sein, wo ich jetzt bin. Gesund. Und lebendig.