Sie zählt zu den bekanntesten Frauenrechtlerinnen der Welt: Simone de Beauvoir. Ihr Buch "Das andere Geschlecht" gilt als feministisches Standardwerk und legte den Grundstein für die Frauen- und Geschlechterforschung. Ein Kurzportrait über die französische Philosophin, die 51 Jahre mit Jean-Paul Satre eine offene Beziehung führte.
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Hast du gewusst, dass eine der bedeutsamsten feministischen Schriften zum Thema Gleichberechtigung zwischen Frauen und Männern schon Jahrzehnte alt ist? Im Jahr 1949 veröffentlichte die Französin Simone de Beauvoir ihr Werk "Das andere Geschlecht" ("Le Deuxième Sexe") und ging damit als revolutionäre Denkerin in die Geschichte ein.
Steckbrief: Simone de Beauvoir
Steckbrief
Simone de Beauvoir
Adoptivtochter: Sylvie Le Bon de Beauvoir
bürgerlicher Name: Simone Lucie Ernestine Marie Bertrand de Beauvoir
Kindheit von Beauvoir
Dass Simone de Beauvoir als feministische Philosophin und Schriftstellerin weltbekannt wird, dachte sich anfangs wohl niemand, als sie am 9. Jänner 1908 in Paris geboren wurde. Als Tochter wohlhabender Eltern wurde sie konservativ erzogen und schon früh auf eine katholische Mädchenschule geschickt. Wie damals üblich verfolgten ihre Eltern den Plan, dass sie nach einer guten Schulbildung sich einzig der Familiengründung widmen soll.
Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges verarmten allerdings Beauvoirs Eltern und das Leben von Simone schlug einen anderen Weg ein: Sie lehnte immer mehr ihre religiöse Erziehung ab und entwickelte sich in Richtung des Idealbildes, das sie sein wollte: eines, das etwas Erschafft.
Ihr sozialistisches Idealbild
Wie Beauvoir ihre liberalen sowie sozialistischen Ideale schon in jungen Jahren entwickelte, verrät nicht nur ihre Autobiografie "Memoiren einer Tochter aus gutem Hause" ("Mémoires d'une jeune fille rangée") aus dem Jahr 1958, sondern ein Manuskript namens "Die Unzertrennlichen" ("Les Inseparables"). Dieses wurde allerdings erst 70 Jahre später, also 2022, nachdem Beauvoir es verfasst hatte, veröffentlicht.
"Die Unzertrennlichen" ist ein fiktionaler Roman, der aber sehr stark an Beauvoirs Leben erinnert. Es erzählt die Geschichte, wie aus der Figur Sylvie eine Schriftstellerin wurde, da sie aufgrund ihrer verarmten Eltern nicht früh verheiratet wurde und so von einem Mann abhängig war. Ihre Freundin Zaza hingegen durchläuft genau dieses Schicksal: jung verheiratet und finanziell an einen Mann gebunden.
Auch andere Themen, die Beauvoirs Werdegang stark beeinflussten, wurden in "Die Unzertrennlichen" sowie in Briefen und Tagebüchern aufgegriffen: Abwendung vom konservativen Bürgertum, Entdeckung des Atheismus (= ohne Gott), sozialistisches Idealbild.
Die Beziehung mit Jean-Paul Sartre
Mit 21 Jahren war Beauvoir im Jahr 1929 die Jüngste an der französischen Universität Sorbonne Université in Paris, die je in Philosophie die "Agrégation" erhielt, eine Art Zulassungsprüfung für obere Posten in Schulen der Sekundarstufe. Knapp hinter dem heute auch weltbekannten Jean-Paul Sartre schloss Beauvoir den Jahrgang ab. Zu dieser Zeit verliebte sie sich auch in den jungen Sartre.
Mit ihm schloss sie sozusagen einen Pakt, der die Abwendung vom konservativen Bürgertum nicht deutlicher hätte zeigen können: Sie führten keine monogame Beziehung, sondern laut eines selbst aufgesetzten Vertrages eine Lebensgemeinschaft ohne jegliche Zwänge in Form von Ehe oder Elternschaft. So wollten sie ihre eigenen Interessen ohne Abhängigkeit von einer anderen Person wahren.
In ihrer 51-jährigen Beziehung, die mit Sartres Tod im Jahr 1980 endet, hatte Beauvoir auch einige Liebschaften mit anderen Frauen und Männern. Nicht immer ging es dabei rechtens zu: Als Beauvoir nach ihrem Universitätsabschluss als Lehrerin an unterschiedlichen Schulen unterrichtete, hatte sie Beziehungen mit weitaus jüngeren Schülerinnen. So führte beispielsweise ihre Liebschaft mit einer 17-Jährigen dazu (sie war 32), dass ihr die Lehrerlaubnis entzogen wurde. Die Schülerinnen berichteten später, dass die Beziehung zu Beauvoir schwere Folgen für ihre Psyche hatten.
Beauvoir als Schriftstellerin
Da Beauvoir ihr Amt als Lehrerin niederlegen musste, widmete sie sich wieder mehr ihrem Traum, Schriftstellerin zu werden. In der Zeit davor blieben von ihr geschriebene Essays oder Kurzgeschichten eher erfolglos, das änderte sich aber rasch: Mit ihren Romanen "Sie kam und blieb" ("L'Invitée") im Jahr 1943 sowie das "Blut der Anderen" ("Le Sang des autres") zwei Jahre später feierte sie erste große literarische Erfolge.
Ihr politisches Engagement wuchs, so gründete sie beispielsweise 1945 gemeinsam mit Jean-Paul Sartre und Maurice Merleau-Ponty, ebenfalls ein Philosoph, die Zeitschrift "Moderne Zeiten" ("Les Temps Modernes"). Darin widmen sie sich unter anderem Themen, wie dem Atheismus oder Existenzialismus. Kurz davor erschien auch Beauvoirs erster philosophischer Essay "Pyrrhus und Cineas" ("Pyrrhus et Cinéas"), der sich auch schon mit existenzialistischen Ansichten befasste.
"Das andere Geschlecht": ihr feministisches Pionierwerk
Aus Beauvoirs politischen sowie sozialen Engagement heraus entstand letztendlich auch das feministische Werk, für das sie bis heute weltbekannt ist: "Das andere Geschlecht". In dieser rund 1.000 Seiten langen Abhandlung, die in zwei Bänden erschien, schreibt sie, welche Rolle die Frau in der Gesellschaft spielt.
Das obige Zitat aus "Das andere Geschlecht" zählt zu den berühmtesten und soll verdeutlichen, dass die Frau "nur" in Relation zum Mann definiert wird. Sprich: Die Frau existiert als das "andere" Geschlecht, während der Mann als das dominierende wahrgenommen wird. "[...] Kein biologisches, psychisches, wirtschaftliches Schicksal bestimmt die Gestalt, die das weibliche Menschenwesen im Schoß der Gesellschaft annimmt. Die Gesamtheit der Zivilisation gestaltet dieses Zwischenprodukt zwischen dem Mann und dem Kastraten, das man als Weib bezeichnet. Nur die Vermittlung eines Anderen vermag das Individuum als ein Anderes hinzustellen. [...]"
"Das andere Geschlecht" legte den Grundstein für die Frauen- und Geschlechterforschung (Gender Studies), stieß aber auch durch die Enttabuisierung vieler bis dahin verschwiegener Themen (z. B. Bildung der Frauen) auf Kritik.
Beauvoir: "Wenn man uns das sagt, sollten wir auf der Hut sein"
Beauvoir setzte sich nicht nur in Form von ihren Büchern für wichtige feministischen Themen ein, sondern auch im echten Leben, beispielsweise für liberalere Abtreibungsgesetze. Um diesen Kampf noch intensiver zu unterstützen veröffentlichte sie 1971 ein Manifest, in dem sich 343 Frauen zu ihrer Abtreibung bekannten und für eine Legalisierung aussprachen. Vier Jahre später wurden in Frankreich Abtreibungen tatsächlich legalisiert.
Bis zu seinem Tod im Jahr 1980 pflegte Beauvoir ihren Lebensgefährten Satre. Sechs Jahre später verstarb sie am 14. April 1986 und wurde neben ihm, ihrem "Vertragspartner", in Paris begraben.
Fünf ihrer bekanntesten Werke (zum Kaufen)
• "Alle Menschen sind sterblich" (1946)
• "Das andere Geschlecht" (1949)
• "Die Mandarins von Paris" (1954)
• "Memoiren einer Tochter aus gutem Hause" (1958)
• "Eine gebrochene Frau" (1967)
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