Toxische Beziehungen sind "Partnerschaften", die keine sind und dabei krank und süchtig machen. Ein Experte zeigt die Hintergründe und Auswege.
Wenn Liebe weh tut, ist es keine Liebe sondern "Stoff", der abhängig macht – von körpereigenen Hormonen, die wie Drogen wirken und durch das Verhalten des giftigen Menschen ausgelöst werden. Der deutsche Paartherapeut und Beziehungscoach Christian Hemschemeier hat sich auf sogenannte giftige Beziehungen spezialisiert und darüber ein Buch geschrieben. In "Der Liebescode - Beziehungen von morgen" klärt er schädliche Muster auf, erörtert ihre Ursachen und zeigt Lösungswege auf, um gesunde Grenzen zu setzen und sich aus emotionaler Abhängigkeit zu negativen Menschen zu lösen.
Von heiß über kalt bis krank
Toxische Beziehungen fügen einem oder beiden Beteiligten großes Leid zu, trotzdem oder gerade deshalb ist es für viele Betroffene so schwer, auszusteigen: Zu groß ist die Hoffnung, dass es irgendwann gut werden wird und zu viel wurde oft schon investiert.
Hemschemeier beschreibt in toxischen Beziehungen einen "Pluspol" - das ist jene Person, die die Beziehung aufrechterhalten will und einen "Minuspol" - der Part, der den anderen zurückweist oder nach Lust und Laune an den Marionettenfäden hält.
Zu toxischen Beziehungen zählen zum Beispiel On-Off-Beziehungen, Verbindungen zu Narzissten, Psychopathen oder Borderlinern, co-abhängige Beziehungen zu Alkoholikern sowie alle bindungs- und nähevermeidende Beziehungen, in denen die Partner im Heiß-Kalt-Modus hin- und herswitchen und aufgrund von emotionaler Abhängigkeit nicht voneinander loskommen. Einige Merkmale von toxischen Beziehungen sind: emotionaler und/oder körperlicher Missbrauch, Lügen, Untreue, leere Versprechungen, Drohungen, finanzielle Abhängigkeiten, Streitsucht, konsequente Gesprächsverweigerung ("Stonewalling").
Wer sich zu lange von kranken, giftigen und liebesunfähigen Liebespartnern zum Beispiel von selbstsüchtigen Narzissten abhängig macht in der Hoffnung, dass dieser sich irgendwann einmal ändern wird, läuft Gefahr, selbst krank zu werden.
Heilung in sich selbst suchen
Das Problem bei toxischen Beziehungen ist laut Christian Hemschemeiner, dass die Anziehung zwischen den beiden anfangs oft besonders stark ist, da beide einen unbewussten, ähnlichen psychischen Grundkonflikt haben, den sie aneinander ausleben. So entsteht der Suchtfaktor: "Bei toxischer Verliebtheit ist der Prozess nochmals fünfmal so stark. Auf den Punkt glaubst du, exakt den richtigen Partner auf magische Art gefunden zu haben. Es fühlt sich an wie der Seelenpartner, eine direkte Verbindung zum Himmel."
Allerdings: Wenn die Dinge zu schön sind, um wahr zu sein, dann sind sie oft nicht wahr. "Diese Art von Verliebtheit basiert quasi nur auf Ihrer Fantasie und hat viel damit zu tun, dass sich die 'inneren Wunden' der beiden Partner anziehen." Oft ist hier nicht der erwachsene Mensch, sondern das sogenannte Innere Kind am Werk: Es versucht, auf ungünstige Art, alte Wunden aus der Kindheit zu heilen – über einen Partner, der einfach giftig ist. Hemschemeier rät: "Wenn es nur noch obsessives Denken gibt und sich das Ganze wie eine Sucht anfühlt, solltest du mal überlegen, was hier los ist."
Denn je höher man mit einem giftigen Partner anfangs oft fliegen mag, desto tiefer fällt man: Giftige Menschen sind liebes- und beziehungsunfähig und sie können nicht anders als Negativität zu säen und zu verletzen. Hier gilt: Die Beine in die Hand nehmen und laufen. So schnell es geht.
Entscheidend ist, bei einer destruktiven, toxischen Beziehung, die Heilung nicht im anderen zu suchen, sondern nur in sich selbst. Die Arbeit mit dem Inneren Kind ist dabei ein wesentlicher Teil jeder Heilung. Besonders nach missbräuchlichen bzw. toxischen Bezhiehungen.
Buchempfehlung zum Thema:
"Der Liebescode - Beziehungen von morgen", Christian Hemschemeier, Luther-Verlag, € 17,--
Weitere Beiträge zum Thema Sucht beenden lesen Sie im Laufe des Oktobers in der Lust aufs LEBEN Online-Initiative www.lustaufsleben.at/sucht-beenden